Arbeitskreis Asyl in Kempen 35 597 Tote in zwölf Stunden

Kempen · Der Arbeitskreis Asyl will am Samstag in Kempen die Namen der im Mittelmeer gestorbenen Flüchtlinge vorlesen.

 Bilder von Rettungsaktionen und auch von Toten im Mittelmeer gehören seit Jahren zum Alltag in den Nachrichten. In Kempen soll eine Aktion auf die Missstände aufmerksam machen.

Bilder von Rettungsaktionen und auch von Toten im Mittelmeer gehören seit Jahren zum Alltag in den Nachrichten. In Kempen soll eine Aktion auf die Missstände aufmerksam machen.

Foto: dpa/Olmo Calvo

35 597 Tote. Kinder. Jugendliche. Frauen. Männer. Eine Zahl, die bedrückend ist. Eine Zahl, die in Wirklichkeit aber noch viel höher sein dürfte. Denn wie viele Menschen tatsächlich seit den 90er Jahren bei ihrem Fluchtversuch über das Mittelmeer zu Tode gekommen sind, konnte nicht dokumentiert werden. Festgehalten hat die niederländische Organisation „United for Intercultural Action“ die Namen von 35 597 Toten in einem 462 Seiten starken Buch, das Mitte Dezember veröffentlicht worden ist. In Kempen wird das Buch am Samstag vorgelesen – zwölf Stunden lang. Von 6 bis 18 Uhr werden die Namen der Toten im Gemeindezentrum der evangelischen Kirche, Wachtendonker Straße, vorgelesen.

„Die Lesung ist ein Versuch, Namen und Erwähnung der unbekannt gebliebenen Toten gegen deren politisch erwünschtes Vergessen zu setzen“, heißt es in der Einladung des Arbeitskreises Asyl und Menschenreche (AKAM). Die Kempener Organisation um Michael Stoffels will auf die Missstände in diesem Thema aufmerksam machen. Nach Angaben des AKAM sind es allein 2018 mehr als 2000 Tote gewesen. Im September sei jeder fünfte Flüchtling gestorben, der den Weg über das Mittelmeer genommen hatte. „Das Mittelmeer wurde zum Massengrab für Menschen in Not, zur tödlichsten Grenze der Welt“, schreibt Stoffels. Obendrein würden Rettungs-Initiativen als „Schlepperhilfen“ diskreditiert und kriminalisiert, ihre Schiffe vielfach am Einlaufen in die nächsten sicheren Häfen oder am Auslaufen zu weiteren Einsätzen gehindert.

Die Stadt Kempen will „Seenot-Flüchtlinge“ aufnehmen

Mit Blick auf den Umgang mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen konnte der AKAM jüngst in Kempen einen politischen Erfolg verbuchen. Wie andere Großstädte will auch die Stadt Kempen nun Garantien zur Aufnahme von sogenannten Seenot-Flüchtlingen abgeben. Dies hatten bereits Großstädte wie Krefeld oder Düsseldorf vor einiger Zeit getan. Diese Garantien sind für die Regierungen in einigen europäischen Ländern die Bedingung, dass die entsprechenden Schiffe überhaupt in die Häfen gelassen werden.

In Kempen bekam die Verwaltung kurz vor Weihnachten grünes Licht vom Stadtrat, aus Seenot gerettete Flüchtlinge zusätzlich aufzunehmen. Und zwar zusätzlich zu den Menschen, die über den sogenannten Königssteiner Schlüssel des Landes ohnehin der Stadt Kempen zugewiesen werden. Im Beschluss des Rates heißt es, dass die aus Seenot geretteten Menschen in Privatunterkünften in Kempen untergebracht werden sollen. Die Einschränkung: „Die konkrete Anzahl der Flüchtlinge wird in Abhängigkeit des zur Verfügung stehenden Privatwohnraums mit dem Arbeitskreis Asyl und Menschenrechte abgestimmt und sollte 15 Personen nicht überschreiten.“

Eine Einschränkung, die die Hilfe in geregelten Bahnen ablaufen lassen soll, wie Dezernent Michael Klee in der Ratssitzung ergänzte. Wohnraum für Flüchtlinge ist in Kempen ohnehin knapp. Zudem sind die Unterkünfte zum Teil nicht mehr zeitgemäß. Wie berichtet, muss zum Beispiel die Unterkunft in Voesch abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die angespannte Situation solle durch die angebotene Hilfe beim Thema Seenot-Flüchtlinge nicht verschärft werden.

Nichtsdestotrotz waren sich Verwaltungsspitze und Ratsmitglieder einig darin, dass man bei Bund und Land auch mit der Zahl 15 ein Zeichen setzen könne. Der Beschluss erfolgte einstimmig.

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