Ratingen: Nachbarn sind der beste Schutz

Die Polizei zieht nach vier Monaten Bilanz ihrer Aktion gegen Einbrüche: 109 Taten stehen lediglich 79Hinweisen aus der Bevölkerung gegenüber.

Ratingen. Als sie auf dem Balkon in der Wohnung über ihnen ein Poltern gehört hatten, wurden sie misstrauisch. Denn die aufmerksamen Nachbarn wussten: Ihre Mitbewohner sind gar nicht zu Hause. So gingen die couragierten Mieter eines Hauses an der Straße Im kleinen Feld am Samstagabend auf ihre Terrasse, um von dort nach dem Rechten zu sehen.

Und tatsächlich: Sie entdeckten auf dem Balkon im ersten Stock einen Unbekannten, der gerade versuchte, die Balkontür aufzuhebeln. Während die aufmerksamen Nachbarn sofort die Polizei anriefen, brach der Einbrecher sein Vorhaben ab, sprang vom Balkon und flüchtete. Trotz sofortiger Fahndung konnte er entwischen.

Für die Polizei bedeutet dieser Fall vom vergangenen Samstag jedoch nicht nur Frust - im Gegenteil. Dadurch, dass die Nachbarn ohne zu zögern den Notruf wählen, sehen sich die Ordnungshütern in ihrer Aktion "Gemeinsam aktiv gegen Wohnungseinbruch" bestätigt.

Denn genau das war ein Ziel der Kampagne, die jetzt nach 17 Wochen zu Ende gegangen ist: die Aufmerksamkeit für das Thema Einbruch zu wecken und die Bevölkerung zu sensibilisieren.

Nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten kam das Projekt doch noch in erfolgreiche Bahnen. Vor allem in Ratingen, wo während der dunklen Wintermonate die Zahl der Einbrüche nach oben schnellt, wollte die Polizei verstärkt beratend und aufklärend vor Ort sein. Zwölf Mal war sie mit ihrem Infomobil in den Stadtteilen präsent - mit steigenden Besucherzahlen.

In der vergangenen Woche tummelten sich mehr als 40 Interessierte an dem Wagen. Die Standorte wurden kurzfristig festgelegt: Wo es zuvor vermehrt Einbrüche gegeben hat, dort tauchte zeitnah der mit Aufklärungsmaterial ausgestattete Kleinbus der Polizei auf.

"Anfangs klaffte die Schere zwischen der Zahl der Einbrüche und der Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung weit auseinander", bilanziert Frank Bons, Kriminalhauptkommissar in der Abteilung Vorbeugung.

Das ging sogar soweit, dass Nachbarn nach einem Einbruch zugaben, etwas Verdächtiges gehört zu haben, aber die Polizei nicht informierten - weil sie "keine Scherereien" haben wollten. Bons: "Diese Einstellung hat sich zum Glück gewandelt. Zuletzt stieg die Zahl der Hinweise deutlich an - auch weil die Leute immer wieder davon gelesen haben."

Zum Vergleich: Im entsprechenden Vorjahreszeitraum sei die Zahl der Hinweise gegen Null gegangen, jetzt gingen zwischen November und Februar immerhin 79 Anrufe bei der Polizei ein. Leider mussten in diesen vier Monaten aber auch insgesamt 109 Einbrüche registriert werden. Für die Polizei ist das dennoch ein kleiner Lichtblick: Im Vergleichzeitraum 2008/09 waren es noch 125 - 13 Prozent mehr.

"Die Einbruchszahlen senken, einige Festnahmen, die Leute sensibilisieren - wir haben unsere vorher gesteckten Ziele erreicht", sagt Bons. Eine Katastrophe wäre es gewesen, wenn die Einbruchszahlen während der Aktion noch gestiegen wären. Jetzt hoffer er, dass die Sensibilität bei den Leuten noch länger vorhält.

Dabei zahlt sich Aufmerksamkeit nicht nur für die Polizei aus: Im eingangs beschrieben Fall haben die Nachbarn ihren Mitbewohnern nicht nur die wirtschaftlichen, sondern vor allem psychisch oft viel schwerwiegenderen Folgen eines Einbruches erspart. Da fallen die 250 Euro Sachschaden durch die Hebelversuche an der Balkontür kaum ins Gewicht.

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