Ein Kajak-Club für Neviges

Wolfgang Werner (60) und seine Mitpaddler setzen auf ein lockeres Miteinander ganz ohne „Vereinsmeierei“.

Neviges. Bei Wolfgang Werner ist alles im Fluss. Wortwörtlich. Seit 35 Jahren sitzt der Nevigeser im Kajak. 230 Flüsse hat er europaweit bepaddelt, darunter in Norwegen und auf Korsika. Auch auf der Nordsee war er unterwegs. Nun hat sich der 60-Jährige mit Familie und Freunden zum Kajak-Club Neviges zusammengeschlossen.

Mit dabei ist Schwiegersohn Thomas Kampmann (35): „Im Jahr 2000 haben wir einen gemeinsamen Paddelurlaub mit Camping in Frankreich gemacht. Das war die bis dahin schönste Reise und für mich die Initialzündung, den Kajaksport regelmäßig zu betreiben.“ Die beiden Kinder (2 und 4) sitzen schon Probe. „Wenn ich mit dem Kajak fahre, sind meine Sinne in einer anderen Welt“, sagt Wolfgang Werner. „Ich bin drei Stunden lang für die Umwelt unerreichbar.“

Der Elektrotechniker weiß, wovon er redet — er ist zehn Jahre Mountainbike gefahren. „Wenn mich Kollegen für gestresst halten, sagen sie: Geh’ mal wieder paddeln. Der Sport ist eine psychische Entlastung.“ Obwohl es in Velbert auch einen Skiclub gibt, klingt Kajaksport in Neviges ungewöhnlich. Denn wo lässt sich hier anständig paddeln?

„Besonders im Winter bieten sich der Deilbach und der Hardenbergbach an, wenn das Eis schmilzt“, sagt Werner. In der Regel trainiert die Gruppe allerdings am Essener Baldeneysee, auf der Ruhr in Hattingen und der Slalomstrecke in Hagen-Hohenlimburg. Jeden Freitag wird im Lehrschwimmbecken Nierenhof die Eskimorolle trainiert. Mit diesem Schwung kann sich der Kajakfahrer wieder aufrichten, wenn er umgekippt und unter Wasser geraten ist.

„Insbesondere wenn man in einem vom Gletschereis getränkten Alpenfluss umkippt, der sechs Grad kalt ist, steigt man nicht aus und schwimmt, zumal es dauern kann, bis man wieder im Boot ist“, sagt Thomas Kampmann. „Die Eskimorolle hingegen dauert vier Sekunden und kostet wenig Kraft.“

Die Flüsse, die mit dem Kajak befahren werden, haben oft eine heftige Strömung. Wie viel Respekt verlangt der Sport? „Wir erfahren die Gewalt des Wassers, aber wir spielen damit“, sagt Wolfgang Werner. „Wir lassen uns von der Strömung mitreißen und erleben das als Genuss.“

Thomas Kampmann: „Als Wirtschaftsingenieur sitze ich überwiegend am Computer. Die paddelnde Bewegung ist ein guter Ausgleich für Rücken- und Bauchmuskulatur. Außerdem denkt man beim Paddeln an nichts anderes mehr, ist im Hier und Jetzt. Ich kann geistig abschalten und nur genießen.“

In zwei Wochen steht der nächste Fluss-Urlaub an. Mit zehn Mitstreitern geht es entweder nach Südfrankreich oder Slowenien. „Das hängt davon ab, wo einige Tage vorher stabiles Wetter zu erwarten ist“, sagt Werner. Die Vorbereitung läuft schon: „Ich dusche seit einigen Tagen kalt.“

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