Hilden/Haan Personal der Notfallaufnahme ist oft überlastet

Hilden/Haan. · Die Versorgungslage verschlechtert sich, wenn die Kliniken nicht für Basisnotfallversorgung zugelassen werden.

 Hochbetrieb an einem Samstag in Notfallpraxis in Langenfeld am St.-Martinus-Krankenhaus.

Hochbetrieb an einem Samstag in Notfallpraxis in Langenfeld am St.-Martinus-Krankenhaus.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Hilde N. (Name geändert) hatte eigentlich alles richtig gemacht. Als die Hildenerin (60 plus) Schmerzen quälten und ihr Hausarzt längst Feierabend hatte, wählte sie die Telefonnummer 116 117. Das ist der bundesweite Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigungen. Patienten sollen dort „schnell und unkompliziert“ Hilfe finden, so das Versprechen. „Ich habe zweimal 20 Minuten in der Warteschleife gehangen“, erzählt Hilde N.: „Dann habe ich mir ein Taxi gerufen und bin ins Hildener St.-Josefs-Krankenhaus gefahren. Dort hat man mir sofort geholfen.“ Ohne diese schnelle Hilfe hätte sie ihr Augenlicht verlieren können, habe sie später erfahren. „Wenn ich wirklich in Not bin, fahre ich beim nächsten Mal sofort ins Krankenhaus“, hat sie sich vorgenommen. Notdienstpraxis hin oder her.

Jeder dritte Patient gehört
nicht in die Notaufnahme

Jeder dritte Patient in der Notaufnahme der Krankenhäuser gehört dort gar nicht hin, schätzen Experten. Weil diese Menschen medizinisch betrachtet keine Notfälle sind. Das führt dazu, dass Ärzte und Pfleger in vielen Notaufnahmen überlastet sind. Sie müssen versuchen, die echten von den vermeintlichen Notfällen zu unterscheiden. Es gebe auch Patienten, die sehr klar formulierten, dass sie lieber ins Krankenhaus gehen, weil dort auch abends gearbeitet und mehr Untersuchungen als bei Hausarzt durchgeführt werden, berichtet Dr. Oliver Axmann, Chef der Zentralen Aufnahmeeinheit im St.-Josefs-Krankenhaus: „Aber wir können und wollen diese Patienten nicht ohne Untersuchung wegschicken. Neben ganz profanen rechtlichen Fragen ist das auch eine Frage der medizinischen und ärztlichen Ethik.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Notfallversorgung in Deutschland jetzt ändern und hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Danach sollen nicht mehr alle Krankenhäuser eine Notfallversorgung anbieten dürfen. Bei sogenannten Maximalversorgern (etwa Unikliniken) sollen „Integrierte Notfallzentren“ eingerichtet werden, die Kliniken und Kassenärztliche Vereinigungen (Vertretungen der niedergelassenen Ärzte) gemeinsam betreiben. Angedacht ist ein „gemeinsamer Tresen“: Dort soll eine Fachkraft entscheiden, ob der Patient zu den niedergelassenen oder den klinischen Ärzten weitergeleitet wird.

Die katholische Kplus-Gruppe, die auch die Krankenhäuser in Hilden und Haan betreibt, sieht die Neustrukturierung der Notfallversorgung kritisch – für die Versorgungssituation, erläutert Pressesprecherin Cerstin Tschirner. Beide Kliniken hätten einen Antrag auf die sogenannte Basisnotfallversorgung gestellt. Es könne aber sein, dass dies abgelehnt werde: „Das würde unserer Ansicht nach die Versorgungslage der Menschen verschlechtern und gefährden.“

Selbstverständlich werde jeder Patient, der vorstellig wird, auch weiterhin versorgt. Dafür müssten die Kliniken dann jedoch finanziell bluten. Denn Kliniken, die nicht mehr an der Notfallversorgung teilnehmen dürfen, sollen nach den jetzigen Plänen nur noch 50 Prozent der Vergütung erhalten. Die Kosten entstehen aber trotzdem in voller Höhe. Die Ärzte könnten ja erst nach der Untersuchung zweifelsfrei feststellen, was dem Patienten fehle und wie er weiter behandelt werden müsse, erläutert die Kplus-Sprecherin.

Als langjähriger Notarzt sieht Chefarzt Oliver Axmann noch weitere Probleme: „Wenn zukünftig nur noch entfernte Integrierte Notfallzentren entscheiden sollen, wo und wie die Patienten behandelt werden, wird das zu enormen Engpässen mit langen Wartezeiten führen, da die Kapazitäten dieser Einrichtungen gar nicht ausreichen würden, die große Masse der ambulanten Patienten zu versorgen. Schon jetzt bekommen wir täglich Anrufe aus der Uniklinik Düsseldorf, ob wir Kapazitäten für ihre Patienten hätten.“

Die Krankenhäuser der höheren Stufe der Notfallversorgung – für den Kreis Mettmann hieße das dann Düsseldorf oder Solingen – werden ohne die kleineren Kliniken die Notfallversorgung nicht sicherstellen können, glaubt Axmann.

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