Wenn im Alter das Geld zum Leben nicht reicht

Senioren In Krefeld sind vor allem Frauen von Armut betroffen. Die Familienhilfe versucht, sie zu unterstützen.

Krefeld. Erna K. (Name geändert) schläft trotz ihrer kaputten Knochen notgedrungen nachts auf dem Sofa. Die Matratze im Schlafzimmer ist schon lange zerschlissen. Das Geld für eine neue fehlt. Wie für vieles andere auch. Die alte Dame ist eine von zahlreichen Krefeldern, die im Verborgenen an der Armutsgrenze lebt. "Es sind hauptsächlich Frauen, die in der Regel wegen der Familie nicht gearbeitet haben und heute von einer kleinen Witwenrente leben müssen", sagt Ute Gerhard-Falk von der Krefelder Familienhilfe. Sie kennt viele solcher Schicksale.

Oft fehle das Geld für einen neuen Herd, die Reparatur der Waschmaschine oder für die dringend benötigte neue Zahnbrücke. Die Geschäftsstellenleiterin des Sozialwerks, das 1945 aus der größten Not von Krefeldern für Krefelder gegründet wurde, sieht heute wieder enormen Handlungsbedarf. 20,7 Prozent der Krefelder sind inzwischen über 65 Jahre alt, fünf Prozent über 80. "Diese Zahl wird im Rahmen der demographischen Entwicklung künftig immer weiter steigen."

Vor zwei Jahren hat der Verein gemeinsam mit dem Neukirchener Erziehungverein die Krefelder Seniorenhilfe gegründet. Der Name steht für eine neue Beratungsstelle, an die sich Senioren wenden können, wenn sie Hilfe brauchen oder Gesellschaft suchen.

"Fast täglich sitzen hier verzweifelte Leute, die ihre Nebenkosten nicht mehr bezahlen können oder von 150 Euro im Monat mehr schlecht als recht leben müssen", erzählt die Leiterin. Bis sie sich ihr offenbaren, muss schon viel passieren. Manche von ihnen besuchen schon monatelang den Seniorenclub am Ostwall 85, bis sie sich mit einer zaghaften Frage an Gerhard-Falk wenden.

"Diese Generation vom alten Schlag ist noch sehr stolz. Sie pflegen ihre wenigen Sachen, schränken sich bis aufs Mindestmaß ein, wirken dennoch gepflegt und würden von sich aus niemals Leistungen der Sozialhilfe beantragen." Dabei hätten sie Anspruch darauf.

Als einzige hauptamtliche Kraft hilft Ute Gerhard-Falk ihnen dabei, beim Sozialamt die "Grundsicherung im Alter" zu beantragen. Doch bei defekten Elektrogeräten oder Zahnersatz winkt das Sozialamt ab. "Im Rahmen der bundesweit gültigen Regelleistung von 359 Euro für Alleinstehende werden außergewöhnliche Leistungen nicht mehr bezahlt", sagt der Leiter des städtischen Fachbereichs Soziales, Walter Adelfang.

In solchen Fällen versucht die Krefelder Familienhilfe anderweitig zu helfen. "Wir sammeln Spenden, die wir zu 98 Prozent an Bedürftige weitergeben, und versuchen darüber hinaus, in konreten Fällen Zuschüsse von Sozialstiftungen zu erhalten." Eine Stunde braucht die Leiterin allein für das Ausfüllen eines solchen Antrages, der ausführlich begründet sein muss. Das fresse so viel Zeit, dass sie neben ihrer hauptamtlichen Tätigkeit ehrenamtlich noch acht bis zehn Stunden dran hänge, um ihre Arbeit zu schaffen.

"Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniert gut", betont Gerhard-Falk. Die helfe beispielsweise rasch bei der Beantragung von Schwerbehindertenausweisen oder der Zahlung der Grundversorgung. "Im Gegenzug schickt sie Menschen zu uns, die finanziell in Not sind, und das sind immer häufiger auch junge Familien und Alleinerziehende."

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