Krefeld 1929 Gellep-Stratum – 1929 und heute

Von Lank nach Krefeld – einige Bewohner wären lieber Meerbuscher statt Krefelder geworden und orientieren sich auch heute eher an ihren südlichen Nachbarn.

 Das Skulpturen-Paar, Legionär und Frankenfrau, begrüßte die Besucher Gelleps.

Das Skulpturen-Paar, Legionär und Frankenfrau, begrüßte die Besucher Gelleps.

Foto: Dirk Jochmann

„Man schaut schon immer ein wenig in Richtung Meerbusch“, sagt Klaus Jagusch. Seit 40 Jahren wohnt er in Gellep-Stratum, 30 Jahre lang war er dort Vorsitzender des Bürgervereins und zeitweise Ratsmitglied. Er kennt den Stadtteil und seine Menschen in- und auswendig und weiß: „Natürlich sind wir Krefelder, aber rund die Hälfte der Menschen hier - diejenigen, die sehr heimatverbunden sind - sehen sich selbst eher als Gelleper.“ Im Stadtteil an Krefelds südöstlichem Ende fühle man sich häufig als „Randbezirk“, auch den Begriff „Schlafstadt“ habe er schon oft in Bezug auf Gellep-Stratum gehört, so der 71-Jährige. „Aber wir wollen mehr sein. Darum sagt der eine oder andere noch immer: ‚Mensch, wären wir doch bei Lank geblieben‘.“

Bis zur Eingemeindung im Zuge der Gemeindereform von 1929 in die Stadt Krefeld war GellepStratum eine Gemeinde im Amt Lank. Der Stadtteil ist ein ruhiges Örtchen, dessen rund 3000 Einwohner überwiegend in Einfamilienhäusern wohnen, geprägt aber auch durch seine Lage am Wendebecken des Rheinhafens. Und der Hafen und die dort angesiedelte Industrie bieten immer wieder Gründe für Konflikte mit der Nachbarstadt Meerbusch. „Drüben werden die Umwelteinflüsse des Hafengebietes moniert“, sagt Jagusch. Auch der Lkw-Verkehr fahre oft unerlaubt durch Meerbusch. Anders herum gebe es in Lank auch Industrie, durch die die Straßen in Gellep-Stratum genutzt würden.

Aber in Meerbusch sorge man sich offenbar ein wenig mehr um die eigene Infrastruktur. Klaus Jagusch jedenfalls wundert sich manchmal, dass Dinge, die in Meerbusch scheinbar zügig geregelt werden, in Krefeld sehr lange brauchen oder überhaupt nicht angegangen werden. „Wenn hier beispielsweise für Straßenausbesserungen oder schöne Bushäuschen mit Fahrradständer keine Mittel vorgesehen sind, schaut man schon manchmal neidisch nach Lank.“ Auch in anderen Dingen orientierten sich viele Einwohner eher nach Süden, als in Richtung der anderen Krefelder Stadtteile. „Viele Kinder aus Gellep-Stratum gehen dort zur weiterführenden Schule, die ärztliche Versorgung ist gut und wenn ich in Meerbusch einkaufe, muss ich keine Parkgebühren zahlen“, sagt Jagusch.

Auch was die Instandhaltung der vorhandenen Einrichtungen angeht, könne aus Krefeld ruhig ein bisschen mehr Neues kommen. So hat sich die Stadt Krefeld im Eingemeindungsvertrag von 1929 verpflichtet, die Freiwillige Feuerwehr zu erhalten. Aber „in der Wache standen früher Pferdefuhrwerke“, so Jagusch. Für moderne Fahrzeuge sei sie ziemlich eng. Auch in anderen Belangen war der Vertrag mit Krefeld sehr genau. So wurde festgehalten, dass das Jauchefahren erlaubt blieb, die ortsansässigen Metzgereien weiterhin selbstschlachten durften, die Hundesteuer und Strompreise 20 Jahre lang nicht erhöht werden durften und dass der Stadtteil eine eigene Kirche bekommen sollte.

„Zunächst gab es nur eine Notkirche“, sagt Jagusch. „Die war in einem Kneipensaal, in den Kriegswirren wurde dieser aber ausgebombt.“ 1953 entstand dann die Kirche St. Andreas. Auch die Früh- und Spätkirmes sollten beibehalten werden. Was wiederum zeigt, dass sich die Menschen in Gellep-Stratum keineswegs als „Schlafstadt“ verstanden, sondern ein reges Gemeindeleben pflegten. Auch heute sorgen Kirchengemeinde und Bürgerverein dafür, dass die Einwohner miteinander feiern, diskutieren und sich in die Gemeinschaft einbringen. Ganz so leicht wie damals ist das heute nicht mehr: „Viele leben anonymer und haben weniger Kontakt zur Nachbarschaft“, sagt Jagusch. „Das versucht der Bürgerverein mit seinen Aktivitäten etwas aufzufangen.“

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