Wirtschaft Online-Händler will von Krefeld aus wachsen

Krefeld · In der Schweiz ist Galaxus das größte Warenhaus im Netz. In Deutschland möchte sich die Firma etablieren. Entscheidend: das Logistikzentrum in Fichtenhain.

 Frank Hasselmann ist der Chef von Galaxus in Deutschland.

Frank Hasselmann ist der Chef von Galaxus in Deutschland.

Foto: ja/Thomas Kunz

Im Logistikzentrum des Online-Händlers Galaxus herrscht reger Betrieb. Neue Ware von Händlern entgegennehmen, Produkte an die Kunden senden und Retouren verwalten. Diesen Aufgaben müssen die Mitarbeiter in der rot-schwarz-grauen Halle in Fichtenhain momentan im Eiltempo nachkommen.  Corona sorgt für einen Bestell-Boom.

 „Besonders gefragt sind Dinge für das Home-Office wie Notebooks oder Bildschirme“, sagt Frank Hasselmann, der Chef von Galaxus in Deutschland. Auch Haarschneider und Trimmer sowie Spielzeug würden die Kunden vermehrt bestellen. „Das sind Mengen, wie in den stärksten Wochen des Weihnachtsgeschäfts“, sagt Hasselmann. Nur unter ganz anderen Bedingungen: mit deutlich strengeren Sicherheits-, Hygiene- und Abstandsregelungen für die Logistiker in Krefeld.

Für Galaxus sind diese Wochen eine Herausforderung. Diese möchten die Verantwortlichen unbedingt bewältigen. Denn Galaxus soll in den nächsten Jahren einer der fünf größten Online-Händler Deutschlands werden. Zumindest, wenn es nach den Wünschen des Managements läuft.

Seit Ende 2018 hat die Firma
einen Sitz in Krefeld

Seit eineinhalb Jahren versucht das Unternehmen, sich hierzulande zu etablieren. Seit Ende des Jahres 2018 ist das Online-Warenhaus mit einem Büro in Hamburg und eben dem Krefelder Logistikzentrum in Deutschland vertreten. Von dort aus will die Firma Marktanteile gewinnen.

In der Schweiz hat das bereits geklappt. Der deutsche Ableger ist Tochter des größten Online-Händlers der Schweiz, der Digitec Galaxus AG. Vom Elektronikhändler gelang in der Schweiz der Aufstieg zum Anbieter mit umfassendem Sortiment. So gibt es heute zusätzlich etwa Haushaltswaren oder Pflegeprodukte. Mittlerweile ist die Firma im schweizer Online-Geschäft sogar größer als Amazon. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz dort etwas über eine Milliarde Euro.

Ob in Deutschland eine ähnliche Entwicklung möglich ist, sollen Erfahrungen in Krefeld zeigen. Von anderen Anbietern möchte Galaxus sich dabei abheben. Eine Erweiterung des klassischen Verkaufs soll die Besonderheit sein. „Wir wollen auch Community und Magazin sein“, sagt Hasselmann. „Wir haben eine eigene Redaktion, die Produkte unabhängig und ehrlich bewertet.“ Und das läuft tatsächlich objektiv? „Zwischen Einkauf und Redaktion verläuft eine Mauer“, sagt Hasselmann. Die Tester sollen eigenständig arbeiten, auch wenn mal ein Verriss für ein neues Angebot herauskommt.

Die Idee scheint verwegen. Es klingt so, als würde ein Schauspieler gleich seine eigene Premiere loben – oder eben niederschreiben. Tatsächlich schaffen kritische Bewertungen des Sortiments Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den Kunden, hoffen die Chefs bei Galaxus. Neben den Mitarbeitern können auch die Kunden auf der Seite im Internet über Waren diskutieren. Wer eine Frage zu einem Produkt hat, erhält rasch eine Antwort, berichtet Hasselmann.

Das Modell funktioniert in Deutschland, so das erste Resümee. „Das Geschäft entwickelt sich sehr gut. Es übertrifft die Erwartungen“, sagt Hasselmann. Viele Kunden kämen nach dem ersten Einkauf wieder. Um zu größeren Händlern aufzuschließen, brauche es aber noch Zeit. Damit ist nicht mal das schier uneinholbare Amazon gemeint, sondern Zalando oder Mediamarkt. Bei Galaxus gilt das als denkbar. Zumindest hat sich das Angebot in Deutschland so sehr gelohnt, dass nach anfänglich 50 000 Produkten mittlerweile 300 000 Teile im Sortiment sind.

Für einen Online-Händler wie Galaxus ist es wichtig, sich nicht auf ein vergleichsweise kleines Land wie die Schweiz zu beschränken. Dort stößt man an digitale Grenzen. In Deutschland soll das Modell skaliert werden. Das heißt: Das Geschäft ausweiten, um vorhandene Ressourcen wie Lagerflächen effizienter zu nutzen.

Dass Galaxus nach eineinhalb Jahren in Deutschland noch vergleichsweise unbekannt ist, liegt unter anderem am Werbekonzept. In der Schweiz ist das Unternehmen in Fernseh-Spots und an Litfaßsäulen präsent. In Deutschland beließ man es bei Online-Marketing. Um zu sehen, wie das neue Angebot aus sich heraus wachsen kann, lautet die offizielle Begründung.

Damit das gelingt, muss sich Galaxus auf die Bedürfnisse der Kunden in Deutschland einlassen. Es gebe mehr Retouren als in der Schweiz, sagt Hasselmann. „Zudem achten die Menschen in Deutschland stärker auf den Preis.“ Daher ist es entscheidend, mit den günstigsten Konkurrenten mitzuhalten. Das soll gelingen, obwohl der Betrieb noch recht klein ist. „Bei den Marken und Lieferanten sind wir durch das Geschäft in der Schweiz schon bekannt. Die kennen den Mehrwert unserer Plattform“, sagt Hasselmann. So soll es kein Problem sein, Elektronik und andere Ware zu konkurrenzfähigen Preisen zu kaufen.

Beim Vertrieb zum Kunden hat sich Krefeld als nützlicher Standort erwiesen. Rund 15 Festangestellte arbeiten mittlerweile vor Ort. „Wir finden in Krefeld die richtigen Mitarbeiter“, sagt Hasselmann. Nun soll auch ein Kundendienst für Fragen der Käufer am Standort entstehen. Bislang findet diese Beratung noch aus Zürich statt.

Auch die Logistik klappt in Fichtenhain gut. „Die DHL liefert unsere Waren aus“, sagt Hasselmann. Daher sei es hilfreich, dass das Unternehmen ein Verteilzentrum gleich in der Nähe von Galaxus habe. Hinzu kommt die direkte Anbindung an die Autobahn. Wenn das Unternehmen in Deutschland weiter wachsen sollte, soll die Niederlassung daher eine wichtige Rolle spielen. „Wir setzen langfristig auf den Standort Krefeld“, verspricht Frank Hasselmann.

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