Theater am Marienplatz: Schweizer Scham und jede Menge Scherben

Pit Therre und sein Ensemble zeigen elf Minidramen — musikalisch bis dadaistisch.

Krefeld. Einen Aufführungsmarathon von 111 Minidramen hat sich das Fischelner Theater am Marienplatz (TAM) für diese Spielzeit verordnet. In jedem Monat seit September wurden je elf Minidramen aus einem Land gezeigt. Die vorletzte Station ist nun die Schweiz. Im Juni wird es noch zwölf Minidramen aus Spanien geben.

Wenig theatral geht es zu an diesem Schweizer Abend, es gibt Musik und Sprachexperimente. Nach szenischer Umsetzung verlangt da wenig, immerhin ein Bild liefert Daniel Spoerris „Hommage an Deutschland“.

Hausherr Pit Therre steht da mit offenem Hosenstall. Durch den Reißverschluss drängen sich zwei gelbe Luftballons, die wie von Geistermund aufgeblasen werden. Die Blähhoden werden wieder zu Schrumpfeiern. Abgang. Diesen „Witz“ erdachte sich Künstler Spoerri bereits 1963, die aktuelle Schweizer Deutschenfeindlichkeit kann man damit nicht in Verbindung bringen.

Am Ende des Abends steht Peter Streiffs „Hors d’oeuvre“ — ein Scherbengericht. Gerwin Kothen, Karsten Lehl und Björn Kiehne schieben in Kreisen drei Untertassen über einen Tisch, bugsieren dadurch weitere Teller und Tassen von der Platte, die auf dem Boden zu Bruch gehen. Die letzten Scherben liefern die Untertassen selbst.

Ansonsten viel Musik. Ein Stück für Trompete, eines für Querflöte, Alfred Pollmann spielt Klavier mit verbundenen Augen. Nina Sträter und Karsten Lehl reißen jeder für sich die Saiten des Flügels an und spielen zusammen einen Akkord. Es erschließt sich nicht, warum Hermine Eyblings Stückchen „Scham“ heißt.

In Urs Peter Schneiders „Torte IIII“ für drei Sprecher erweist sich, dass Sprache unverständlich wird, wenn man jede Silbe identisch betont. Den gleichen Effekt hat es, wenn man nur noch Satzbaumuster befolgt, aber die Worte zusammen keinen Sinn ergeben, wie Tzie Elgnas „Vita“ demonstriert. Ein spartanischer, in seiner Konzentriertheit aber nicht untypischer TAM-Abend.

11., 18., 25. Mai, jeweils um 22 Uhr.

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