Die Pfeffermühle: „Lügt die Lügner an die Wand“

Roswitha Dasch und Ulrich Raue würdigen Erika Mann.

Krefeld. Hinter der Kursnummer F21002 verbirgt sich ein Kleinod. Im Rahmen der neuen Reihe Lebensart in der VHS präsentierten am Freitagabend Roswitha Dasch (Gesang, Rezitation, Geige) und Ulrich Raue (Klavier, Gesang) ein musikalisch-literarisches Kabarett von Erika Mann. Ihre Kleinkunst ist doppelbödig, böse und klug, charmant und witzig, aber vor allen Dingen zeitlos.

Spitzzüngig schlägt „Die Pfeffermühle — Vorsicht! Scharf!“ literarische Kapriolen und überrascht das Publikum mit einem kritischen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen, die zum Teil auch heute erschreckend dicht am Zeitgeschehen sind. Diese Aktualität haben Roswitha Dasch und Ulrich Raue anlässlich des 100. Geburtstages Erika Manns im Jahr 2005 herausgearbeitet. Seit sieben Jahren tritt das harmonische Duo mit dem Pfeffermühlen-Programm auf, das einen Bogen von den 20er Jahren bis 1936 spannt. „Mir ist 2004 ein Buch über Erika Mann in die Hände gefallen, das Thema passte einfach in unser Repertoire“, erzählt Ulrich Raue.

Die Tochter Thomas Manns sei eine mutige Frau gewesen und habe in der Poetik einen ähnlichen Rang genossen wie ihr Vater in der Prosa. „Wahre Kunst ist zeitlos und spricht immer an“, erklärt der Pianist. Auch nach fast 80 Jahren haben die Pfefferkörner nichts an Schärfe verloren. „Man lügt und man betrügt sich durch die Woche“, heißt es im Lied der Frau X. „Mit Ehrlichkeit hat unsere Epoche und mit Charakter ja nichts mehr zu tun. Es kräht kein Hahn danach.“

Ob Sketch, Gedicht oder Musik — die Themen kreisen um Emanzipation, Antisemitismus, Lüge, Dummheit, Aufrüstung und Denunziation. Namen fallen nicht. Roswitha Dasch braucht sich nur eine Zahnbürste über den Mund zu halten, die schwarz gefärbten Borsten reichen zur Erkennung. Die Kabarettistin bringt die bissig-hintergründigen Chansons launig über die Rampe. Bei „Prinz vom Lügenland“ („Du lieber Gott, wie kann ich lügen, lüg’ alle Lügner an die Wand.“) wagt das Publikum kaum zu atmen. Niemand möchte ein Wort des Kabaretts verpassen. Es folgt ehrlicher Applaus.

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