Requisiteure im Theater: Wie aus Glasnudeln Innereien werden

Für die Arbeit der Requisiteurinnen Karin Besser und Ute Schwerdtfeger sind gute Einfälle und Improvisations-Talent unerlässlich.

Krefeld. Was tun, wenn Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf auf der Bühne Würstchen verspeisen soll, aber Vegetarierin ist? Dann liefert die Requisite des Theaters der Darstellerin des rothaarigen Lausemädchens Sojawürstchen auf die Bühne, denen man ihre pflanzliche Herkunft nicht ansieht. Und Pippi Langstrumpf kann reinbeißen, ohne sich zu ekeln.

Eklig wird es allerdings auch schon mal auf der Bühne des Theaters. Am Nachmittag vor der Aufführung der „Rocky Horror Show“ kochen Karin Besser und Ute Schwerdtfeger in der Requisite des Stadttheaters Glasnudeln. Mit Farbe verwandeln sie sich in eine graurosa Masse, die stark nach Innereien aussieht. Ziel erreicht: Hier wird Gehirn serviert.

Zur Requisite des Stadttheaters gehören insgesamt elf Mitarbeiter. In Teams übernehmen sie die Verantwortung für die jeweiligen Stücke: „Der Vorlauf ist lang, und die Premiere ist das Aufregendste“, sagt Ute Schwerdtfeger. Sie ist schon seit 19 Jahren am Theater tätig und meint: „Das Zusammenspiel ist wichtig!“

Nach den Vorgaben von Regisseur und Bühnenbildner lässt sich die Requisite besondere Tricks einfallen. Und bereitet jede Vorstellung akribisch vor. Auf blank polierten Rollwagen liegen eine Nachbildung eines menschlichen Kopfes auf einer Schüssel, eine Schale mit jeder Menge künstlichem Blut und ein frischer Blumenstrauß.

Ein Eierkarton wird auf der anderen Seite der Bühne deponiert. Die meisten Eier sind aus Gips, nur in der Mitte liegen drei mittelweich gekochte, die später über die Bühne fliegen.

Während der Vorstellung müssen die liebevoll hergerichteten Details ratzfatz angereicht werden. Und auch der Besen ist nicht weit: Bei der „Rocky Horror Show“ sollte der Reis schnell von der Bühne gekehrt werden, damit niemand darauf ausrutscht.

Das Geheimnis hinter der stetigen Punktlandung sind Lichtzeichen — der Ablauf ist probiert, geplant und festgelegt. Es kommt auf Genauigkeit und Geschicklichkeit an.

Bei der Requisite wird lange geplant, dennoch schnell geändert und viel improvisiert. „Während der Endproben gibt es fast immer Vorschläge für Veränderungen“, sagt Karin Besser.

Vielleicht ist das auch der Grund für die vielen verschiedenen Berufe, aus denen die Requisiteure kommen. Sie sind Designer oder Schaufenstergestalter, manche haben technische Berufe gelernt: „Wir haben von allem etwas. Am besten ist es, wenn man Dinge zusammen entwickelt, das macht eine gute Requisite aus“, erzählt Karin Besser weiter.

Leidenschaft, Professionalität und Qualität nennen sie als die wichtigsten Merkmale ihrer Arbeit. Dazu gehört es auch, auf die Wünsche der Bühnenkünstler einzugehen. So beispielsweise bei einem Verlobungsring, der genau den Vorstellungen des „Bräutigams“ entsprechen muss. Oder bei der Originalausgabe der Boulevardzeitung „Sun“, die ein Papst-Konterfei enthalten soll.

Bei einem Brief in der Hand eines Schauspielers ist es für ihn wichtig, ob die Schrift wie ein Spickzettel funktioniert oder aus einem Blindtext besteht. Und beim Festessen auf der Bühne freut sich die Vegetarierin manchmal über ein frisches Steak — frischer Thunfisch, als Fleisch verkleidet.

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