Will Cassel — Menschenfreund mit Schalk im Nacken

In Kürze wird das Krefelder Unikum Will Cassel 84 Jahre alt. Ab Sonntag zeigt eine Ausstellung, wie lebendig sein Werk noch ist.

Krefeld. Disziplin. Kontinuität. Das sind keine Begriffe, die einem als erstes zu einem Künstler einfallen. Doch Will Cassel kann sich mit beidem identifizieren. „Das ist der Beamte in mir“, sagt der Maler mit einem verschmitzen Lächeln. Sein Vater war Polizist, die künstlerischen Anlagen stammen von der Mutter, die als sogenannte Putzmacherin Hüte kreiert hat.

Bereits als Vierjähriger hat Cassel angefangen, regelmäßig zu zeichnen und den Stift seitdem kaum aus der Hand gelegt. Am 25. August feiert er seinen 84. Geburtstag, wenige Tage davor gibt’s wieder neue Arbeiten von ihm zu sehen. „Ich mache mein Alterswerk“ sagt Cassel, als wäre es das selbstverständlichste in der Welt.

Dass seine Kunst alles andere als Routine ist, beweisen seine Bilder immer wieder. Nicht nur als Mensch auch als Künstler hat er einen Kreislauf durchlebt, der langsam seiner Vollendung entgegensieht.

Das Zeichnen, mit dem er als Kind angefangen hat, ist ihm im Alter wieder wichtig geworden. „Meine Welt wird kleiner, ich reduziere immer mehr.“ Diese Worte hat man in letzter Zeit oft von ihm gehört.

Es ist eine Reduktion auf subtile Weise. Da sind die wunderbaren Zeichnungen seiner Lieblingsweide, deren Veränderungen er mit feinen Federstrichen festhält. Da ist der Blick in den eigenen Garten im Wechsel der Jahreszeiten, der ihm Motive für stimmungsvolle Aquarelle liefert.

Mit Einsiedlerdasein hat das alles nichts zu tun. Noch immer gehört der Gang durch die Stadt zu seinem täglichen Ritual. „Das ist meine Eigentherapie“, stellt er fest. Bei einer Tasse Kaffee plaudert er mit den Menschen, hört gerne zu. „Menschen sind ganz wichtig, ich liebe die Menschen“ sagt er.

Fast jeder kennt den Künstler, der mit seiner schwarzen Kleidung und den umgehängten Taschenuhren einfach zum Stadtbild gehört. „Krefeld ist ein liebes Nest“, sagt der gebürtige Dortmunder, der schon als Kind an den Niederrhein zog.

Dass man gerade als Künstler auch mal über den Tellerrand hinausblicken muss, hat er mit seinen jahrelangen Ausflügen nach New York unter Beweis gestellt. In den neunziger Jahren knüpfte er Kontakte zur dortigen Galeristin Alena Adlung und stellte mehrfach in der Weltstadt aus. „Es war eine tolle und wichtige Zeit“, erinnert sich Cassel.

Auszeichnungen hat er bereits als junger Künstler mehrfach bekommen, doch dass man ihm kürzlich das Krefelder Stadtsiegel verliehen hat, hat ihn besonders gefreut. „Das Fest ist ein Rausch“ heißt eine aktuelle Arbeit. Der Blumenstrauß, den es zur Verleihung gab, ist dort verewigt. „Man muss sich auch selbst veräppeln können“, sagt er mit seinem typischen schalkhaften Lächeln.

Der Humor spielt in seinem Werk eine spezielle Rolle, oft blitzt darin Kritik an menschlichen Schwächen auf. „Wir leben in einer Kultur der Uniformität“ beklagt Cassel. Als Künstler ist er gegen jede Fremdbestimmung und findet es besonders schlimm, wenn man Kindern die Fantasie klaut.

Daher lehnt er den Computer ab und setzt den Zeichenstift dagegen. „In der Handschrift zeigt sich die Persönlichkeit“ findet er. Seine Bilder sind bis heute der beste Beweis dafür.

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