Das Ballhaus Die wortlose Sprache des Tanzes im Theater

Ab Samstag ist „Das Ballhaus“ im Stadttheater zu sehen. Darin wird nicht gesprochen.

Das Ballhaus: Die wortlose Sprache des Tanzes im Theater
Foto: Matthias Stutte

Krefeld. Zweieinhalb Stunden Geschichte, Tanz, Leidenschaft — und kein einziges gesprochenes Wort. Das ist die Grundlage, auf der Regisseur Frank Matthus mit dem gesamten Schauspielensemble das Stück „Das Ballhaus“ inszeniert hat. Eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten. Am Samstag ist die Premiere.

Die Vorlage von Steffen Mensching, die sich an dem Film Le Bal von Ettore Scola aus dem Jahr 1983 orientiert, beinhaltet zwar keine Dialoge, dafür aber die Beschreibung dessen, was auf der Bühne passieren soll. Denn es wird keineswegs nur die Geschichte des Tanzes abgebildet. Die Schauspieler entwickeln verschiedene Charaktere, die sich durch die Zeit bewegen.

„Es war eine wahnsinnig spannende Arbeit“, sagt der Regisseur Frank Matthus. „Als würde man eine Sinfonie mit einem Orchester einstudieren, wenn die Notenpulte leer sind. Du rennst also von Musiker zu Musiker und sagst ihm, was er tun soll.“ 22 Darsteller stehen auf der Bühne, ständige Szenen- und Rollenwechsel sorgen für ein mächtiges Gewusel — jedenfalls hinter der Bühne.

Die Reise durch die Zeit beginnt vor 100 Jahren in der Weimarer Republik. Der Gesellschaftstanz und die wilden Tanzveranstaltungen sind das Größte für die jungen Leute. Dann lassen sich die ersten Nazi-Schergen in dem Tanzhaus blicken. Der Zuschauer wird auch Zeuge davon, wie ein früherer Nazi sich nach dem Krieg in der Gesellschaft wieder bestens in der neuen Gesellschaft etablieren kann.

Dann geht es weiter mit der Spießigkeit der 50er Jahre, dem Rock’n’Roll, den Konflikten mit der 68er Generation und dem Terror der 70er Jahre. Für die Produktion hat Steffen Mensching, dessen Originalversion eigentlich nach der Wende endet, das Stück weitergeschrieben. „Wir kommen in unserer Gegenwart an, jeder tanzt für sich, wir sind einander entfremdet“, erklärt Dramaturgin Barbara Kastner. Annäherung lässt zum Schluss ein Tango wieder zu.

Die Sprachlosigkeit der Produktion macht eine besondere Deutlichkeit möglich. „Bewegungen, Abläufe, Intentionen müssen sehr langsam, fast pantomimisch umgesetzt werden. Das war schon eine große Umstellung für die Schauspieler“, sagt Matthus. „Aber auch für mich, in meinen 25 Jahren Berufserfahrung habe ich so eine besondere Probenarbeit noch nie erlebt. Wir mussten Tabellen anlegen, wer wann auf der Bühne ist und wer nicht.“

Choreograph Ralph Frey schätzt die Zusammenarbeit mit den Schauspielern sehr. „Schauspieler haben immer das Bestreben, eine Geschichte zu erzählen, auch ohne Worte“, betont er. Mit einem klassischen Ballettensemble wäre so eine Produktion kaum denkbar. „Schauspieler haben einen ganz anderen Ausdruck.“

Die Choreographie, die genau auf die live spielende Band passen muss, hört auch hinter der Bühne nicht auf: Jeder Abgang, jeder Auftritt muss genau getaktet sein. Genau wie die komischen, die erschreckenden, die anrührenden Momente. Der wortlose Theaterabend darf mit Spannung erwartet werden.

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