Barn Owl spielt im Südbahnhof

Krefeld. Michael Stahl hat zwar seinen Plattenladen Unrock nach Essen verlegt, veranstaltet aber noch in Krefeld Konzerte. Im Südbahnhof präsentierte er jetzt mit dem Duo Barn Owl aus San Francisco eine Band, der man standhalten musste, im wahren Wortsinn.

Die E-Gitarristen Jon Porras und Evan Caminiti füllten den kleinen Gewölbesaal des Bahnhofs mit dräuenden Soundwolken.

Drone ist das englische Wort für den Bordunton, also den tiefen Halteton, der etwa beim Dudelsack die Melodie grundiert. In der zeitgenössischen Drone-Musik geht’s offenbar nur noch um Haltetöne. Melodie oder Rhythmus spielen keine Rolle mehr.

Kein Ton jedenfalls, den Porras und Caminiti anzupfen, wird von ihnen angehalten, kein Ton bleibt alleine stehen. Schicht um Schicht bauen sich obertonreiche Gebilde auf. Standhalten muss man dem, weil Verzerrung eine wichtige Rolle spielt, und die ist ja nur über extreme Lautstärke zu erzielen. Über die Wände und den Fußboden übertragen sich permanent Vibrationen.

Manche Zuhörer verließen den Saal, wer drin blieb, stand unbewegt und ließ sich von der akustischen Installation umfließen. Das hätte, wäre es nicht so laut gewesen, meditativen Charakter haben können. Mit Gehörschutz hatte es den auf jeden Fall.

Minutenlang knien die Musiker, um an diversen Effektgeräten die schon auf die Reise geschickten Klänge zu manipulieren. Für Luftgitarristen geben Porras und Caminiti jedenfalls keine lohnenden Vorbilder ab.

Von Stücken kann man nicht sprechen, man kann eher verschiedene Phasen unterscheiden. Mal ist ein sehr langsamer Rock-Groove aus dem Sampler unterlegt, mal ein tiefenentspannter Puls von höchstens 40 Schlägen pro Minute. Für diese minimalen Bewegungsansätze ist man dankbar. Nach einer Stunde ziehen Porras und Caminiti ihrer Wolke den Stecker. Anerkennender Applaus der Standhaften. kMs

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