Spenden Kirchen setzen auf die digitale Kollekte

Düsseldorf · In Berlin und Duisburg werden noch in der Adventszeit erste Versuche gestartet. Basis ist dabei die neue NFC-Technik.

Der digitale Kollektenkorb der Performance GmbH wird im Auftrag von sechs kirchlichen Banken ab Anfang 2019 unter anderem in Duisburg getestet.

Der digitale Kollektenkorb der Performance GmbH wird im Auftrag von sechs kirchlichen Banken ab Anfang 2019 unter anderem in Duisburg getestet.

Foto: Performance GmbH

Mit dem 1. Advent beginnt am Sonntag das neue Kirchenjahr und damit auch die spendenintensivste Zeit des Jahres. Die Kirchen bieten dafür in ihren Gottesdiensten traditionell drei Behältnisse an: den Opferstock, den Klingelbeutel und den Kollektenkorb. Aber auch an dieser Tradition kratzt die Digitalisierung: Bundesweit stehen inzwischen neu entwickelte digitale Geräte vor der Erprobung. Dank der NFC-Technik soll die Spende mit der Kredit- oder Girokarte in Sekundenschnelle möglich sein.

Erste eher mäßig erfolgreiche Versuche hatte es schon vor zwölf Jahren gegeben. So wurde im Bonner Münster ein Kartenterminal aufgestellt – aber noch mit PIN-Eingabe und nicht kontaktlos. Das wird jetzt anders: Karten, die für das NFC-Verfahren schon geeignet sind (erkennbar am Wellensymbol), werden einfach an das Gerät gehalten, man wählt einen Betrag aus und muss keine PIN eingeben, solange die Spende unter 25 Euro bleibt. Nach drei bis vier Sekunden ist der Vorgang abgeschlossen. In der evangelischen Salvatorkirche in Duisburg wird noch vor Weihnachten ein digitaler Opferstock in Betrieb genommen.

Sechs kirchliche Banken haben das Projekt betrieben

Hinter dem neuerlichen Vorstoß stehen gleich sechs kirchliche Banken: vier katholische und zwei evangelische. Mit der Performance GmbH in Kamp-Lintfort wurde ein Hersteller gefunden, der mittlerweile ein marktreifes Gerät vorlegen konnte. „Die Oberfläche besteht aus einem Tablet, auf dem man sechs Beträge auswählen kann. Es gibt keinen Ausdruck und eine PIN ist nicht notwendig“, sagt Eckhard Wilms, Experte für elektronische Bankdienstleistungen bei der evangelischen KD-Bank. Die Spende erscheint dann auf dem Kontoauszug – als Beleg für die Steuererklärung.

Knapp 1000 Euro sind für das Terminal fällig, eine Investition, die sich nur für Kirchen mit viel Laufpublikum rentiert. Auch der Berliner Dom hat schon Interesse angemeldet. Die Hoffnung, basierend auf Erfahrungen in Schweden mit der bargeldlosen Kollekte, ist, dass das Spendenaufkommen mit den neuen Möglichkeiten steigt.

Anfang 2019 kommt auch der digitale Kollektenkorb

Und bei der stationären Lösung wird es nicht bleiben. Voraussichtlich Anfang 2019 soll auch ein digitaler Kollektenkorb präsentiert und erprobt werden, wiederum in der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg und auch am Berliner Dom. Der Korb verbindet Bargeld- und digitale Spendensammlung. „Aber wir müssen noch Erfahrungen sammeln. Es gab schon die kritische Anfrage, ob das denn in die Liturgie passe“, sagt Wilms. Auch der Korb akzeptiert sowohl Kredit- als auch Girokarte. „Die Technik funktioniert selbst mit dem Smartphone, wenn es einen NFC-Chip hat“, so der Experte. Voraussetzung für die gesamte Technik ist allerdings ein stabiles WLAN-Netz in der Kirche.

Wilms geht von einer Pilotphase von einem Jahr aus. In die Zeit fällt auch der Evangelische Kirchentag in Dortmund. „Dort wollen wir mehrere Körbe bei den Gottesdiensten einsetzen, als Stresstest und um ein jüngers Publikum zu erreichen.“ Eine Sorge will Wilms dabei schon im Vorfeld ausräumen: Zwar kann es eine Auswertung des Spendenaufkommens geben, aber die Kirchengemeinde sieht nur Teile der Kontonummer. „Nirgendwo taucht ein Name auf. Es gibt keine Kontrolle, wer gezahlt hat.“

Noch vor dem kirchlichen Bankenverbund hat die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo) eine ähnliche Entwicklung vorangetrieben. Im Sommer präsentierte Fabian Kraetschmer, Leiter des IT-Referats, einen digitalen Klingelbeutel. Mittlerweile hat die EKBO dafür einen Gebrauchsmusterschutz gewährt bekommen, die Patentanmeldung läuft. „Fünf Geräte werden ab der zweiten Dezemberwoche im Rahmen von Gottesdiensten im Berliner Stadtzentrum getestet“, kündigt Kraetschmer an. Ein Testort wird die evangelische Marienkirche am Alexanderplatz sein. Die Pilotphase soll voraussichtlich bis zum Februar dauern. Derzeit kann man den Klingelbeutel allerdings noch nicht kaufen, es handelt sich um Prototypen. Kraetschmers Ziel: „Auch finanzschwache Gemeinden sollen ihn sich leisten können.“

Auch er würde sich freuen, „wenn durch die digitale Kollekte die Spendenbereitschaft erhöht werden könnte“. Vor allem aber hofft er, dass es bundesweit eine einheitliche Lösung gibt. Nicht die verschiedenen Gehäuseformen seien das Problem der konkurrierenden Mobilgeräte. Ihn stört, dass es zwei voneinander getrennte Entwicklungen geben könnte. „Ich würde mir wünschen, wenn sich die Entwicklungen annähern.“ Kirchliche Banken seien dafür prädestiniert.

Auch Evangelische Kirche im Rheinland plant Terminals

Derweil will auch die rheinische Landeskirche (Ekir) in absehbarer Zeit mit Terminals experimentieren. Dabei geht es aber nicht in erster Linie um das Spendensammeln, auch wenn das je nach Ausführung möglich wäre. Der Ansatz ist ein anderer: Auch wenn der direkte Kontakt zu Menschen eigentlich ein Markenkern der Kirchen ist, gebe es viele Zeitgenossen, die zunächst „lieber mit Maschinen interagieren als mit Menschen“, sagt Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter der Ekir.

An drei Stellen im Land sollen daher im ersten Quartal 2019 sogenannte Points of Decision (PoD) aufgestellt worden. Diese „Entscheidungspunkte“ bieten viele Informationen über das kirchliche und diakonische Angebot vor Ort, übernehmen dabei eine Brückenfunktion, überlassen aber dem Nutzer die Entscheidung, wann und wie er in direkten Kontakt mit der Kirche treten will.

Noch hängt das Projekt allerdings an weiteren Partnern. Die Grundfinanzierung hat die Ekir bereits beschlossen, auch die Ekbo ist beteiligt. Aber ein weiterer Partner ist zur Umsetzung noch notwendig, denn die Gesamtinvestition bewegt sich im höheren fünfstelligen Bereich. Wird diese Frage noch bis zum Jahresende geklärt, wäre im nächsten Frühjahr auch ein Einkaufszentrum in der Region für die Pilotdauer von drei bis sechs Monaten als Standort vorgesehen. Die Auswertung der Nutzung würde mit Unterstützung der Universität Bonn erfolgen.

Dass dabei Kameras auch das Alter der Nutzer ziemlich genau bestimmen können, ist laut Reimann datenschutzrechtlich kein Problem: „Es werden keine Profile erstellt.“ Ins Gehege kommen sollen sich die diversen digitalen Pilotprojekte auch nicht: Erst vor zwei Tagen haben sich derEkir-Beauftragte Reimann und KD-Bank-Experte Wilms zu Abstimmungsgesprächen getroffen.

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