Serie Eine gute Vereinsrede überzeugt und begeistert Menschen

Düsseldorf · Viele engagierte Bürger geben im Ehrenamt ihr Bestes, um ihren Klub lebendig zu halten und nach vorne zu bringen. Wer wachsen will, muss eine moderne Strategie verfolgen. Wir geben Tipps. Folge 9: Vereins-Reden.

 Wolfgang Rolshoven ist der Baas der Düsseldorfer Jonges – und musste in diesem Amt schon einige Reden halten.

Wolfgang Rolshoven ist der Baas der Düsseldorfer Jonges – und musste in diesem Amt schon einige Reden halten.

Foto: Judith Michaelis

Vereine sind auf Netzwerke, Wachstum durch neue Mitglieder, Wohlwollen von kommunalen Institutionen, Zuwendungen von Unternehmen, Organisationen und Unterstützern angewiesen. Eines der besten Werkzeuge dazu ist die Rede über den Verein und sein Anliegen. Von Angesicht zu Angesicht erreicht man im Leben das Meiste.

Eine gute Rede überzeugt und begeistert Menschen. Doch oft findet man im Verein nicht so viele Kommunikationsjuwelen, die sich für diese Aufgaben nach vorne drängen. Die Rede im Marketing Club, das Interview-Gespräch im lokalen Radio, der Talk in einem Bürgerforum, die Vorstellungsrede des Vereins in einer Personalversammlung eines Unternehmens oder bei öffentlichen Veranstaltungen der IHK oder der Handwerkskammer – sie alle verblühen als ungenutzte Möglichkeiten. Letztendlich sieht der aktuelle Präsident es als Pflicht an, in der Not einspringen zu müssen, zum Beispiel bei Grußworten in anderen Vereinen, bei öffentlichen Präsentationen wie dem NRW-Tag oder der Trauerrede beim Begräbnis eines verdienten Mitgliedes. Oft liest er ab. Vom Papier oder auch einer PowerPoint-Folie. Ein Kompromiss der erwarteten Niederlage.

 Malte W. Wilkes ist Business-Redner.

Malte W. Wilkes ist Business-Redner.

Foto: Wilkes

Warum möchten viele lieber selbst im Sarg liegen, als die Trauerrede zu halten? Warum flattert das Hemd bei kleinen Präsentationen? Es ist die Angst vor der öffentlichen Blamage, die uns alle zittern lässt. Die Ausrede dazu ist schnell gefunden: Ich habe kein Talent dafür. Dabei existieren kein Rede-Gen und kein Rede-Talent. Es genügt die Kenntnis von etwas Handwerkszeug, guter Vorbereitung und Übung.

Es bietet sich in solchen Fällen für jeden Verein an, einen „Vizepräsidenten Speak & Speech“ zu ernennen und zu fördern. Er sollte die der positiven Wortwahl und der Leidenschaft zum Vereinsthema besitzen. Immer gehört eine gute inhaltliche Vorbereitung dazu. Der Zweck des Clubs, seine Geschichte, die Hintergründe der Club-Kosten, die Probleme aber auch die Zukunftsvision sind das Basiswissen, das im Blut pulsieren sollte.

Doch mit Informationen alleine geht die Rakete nicht ab. Im Gegenteil sind zu viele Details zum Beispiel über das Organisatorische völlig kontraproduktiv, verwirren und werden vergessen. Wir treffen uns jeden Mittwoch von 18 – 22 Uhr, nur im Juli und August immer am Diensttag. Das zu detaillieren ist eine Aufgabe der Webseite oder des kleinen Gesprächs nach der Rede.

Damit eine Rede zündet braucht sie etwas Dramaturgie, zum Beispiel eine Geschichte, die überzeugt. Das und das Üben unterscheidet, wie Winston Churchill sagt, einen Sprecher von einem Redner. Wer das Geschichten erzählen beherrscht, verzaubert nicht nur seine Zuhörer sondern lenkt sie in eine bestimmte Richtung. Auch Vereinsredner haben immer das Ziel, eine bestimmte Botschaft zu übermitteln oder eine gedankliche Veränderung zu erreichen.

Eine gute Geschichte definiert sich aber nicht nur durch die Erfahrungen oder Erlebnisse, die man schildert, sondern auch durch die Erzählform. Dieses geschieht nicht durch die Darstellung eines chronologischen Ablaufs. Der Inhalt einer Geschichte braucht:

1. eine Moral, also eine besondere möglichst grundsätzliche Erkenntnis: „Als Verein haben wir gelernt: Eine Bitte schafft auch in der Dritten Welt mehr als eine Bestechung“. Sie steht für Rede-Anfänger am besten am Ende und die Rede arbeitet darauf hin,

2. als Personen einen Helden und einen Antagonisten, der als Hindernis fungiert. Hindernisse können nicht nur Menschen sein, sondern auch Regeln, das Gewissen, das Gesetz, eine falsche Annahme usw. Jedoch sind zwei Menschen in einer Rede leichter darzustellen und

3. eine Lösung des Konfliktes.

Zudem sind für eine Rede wichtig Ort und die Zeit: Der Zuhörer muss sich mit wenigen Sätzen vorstellen können, wo und wann das ganze spielt. Warum etwas in Bewegung kommt zeigt die Ursache, und warum der eine und der andere handelt die Reaktion.

Für die Konzeption braucht der Redner einer Struktur. Die meisten Drehbücher und damit Filme basieren auf einer „Drei-Akt-Struktur“. Diese kann man für eine Rede gut nutzen: Zunächst führt man die Personen und Hintergrundgeschichte ein. Dann erhält der Protagonist durch ein Ereignis sein Ziel. Auf dem Weg dahin muss er durch mehrere Konfrontationen, die es so aussehen lassen, als würde er sein Ziel nie erreichen. Letztendlich kommt das große Finale mit einer starken Botschaft.

Bei einer Geschichte beschreibt der Redner nicht vornehmlich die Personen, sondern geht auf deren Gefühle ein. Nicht: Sie war schon Golf-Spielerin. Sondern: Beim Golf fieberte sie immer dem 18. Loch entgegen. Sieg oder Niederlage, so pulste es ihr durch den Kopf. Beim 1. Loch dachte sie gar nicht. Das war ihr Lebensdilemma. Dann wurde sie Mitglied in unserem Verein. – Ein Verein hat hunderte von Stories, die genutzt werden können: Von Mitgliedern, Sponsoren, Kindern aus der Jugendgruppe, Beamte in Behörden… Eine besondere Akzeptanz entsteht dann, wenn der Redner eine Geschichte erzählt, die er selbst erlebt und ihm ein neues Vereinsbild gegeben hat.

Fazit: Die Vereinsrede ist eine Fähigkeit zur Vermittlung und Netzwerkbildung besonderer Art. Überlege, ob man ein Vizepräsidenten „VP Speak und Speech“ etablieren sollte. Man muss die Vereinsbasisdaten aus der Sicht einer Rede aufschreiben und pro Rede-Anlass ein eigenständiges, inhaltliches Angebot entwickeln. Dabei fokussiert man sich dramaturgisch am leichtesten auf eine Geschichte. Dann übt man diese Rede mindestens fünf Mal stehend und zum Schluss ohne Zettel. Dann geh raus und gewinne. Talent wird überschätzt

Hier kennt man sich mit Reden aus: Die Düsseldorfer Jonges sind ein Zusammenschluss von mehr als 3000 Düsseldorfern, die sich für ihre Heimatstadt, die Pflege des Brauchtums, den Erhalt einsetzen. Mehr als 240 Berufe und alle Altersgruppen sind im Verein vertreten. Der Heimatverein will das Brauchtum, die Geschichte und die Mundart pflegen, setzt sich für den Erhalt charakteristischer Bauten, Denkmäler und Brunnen sowie für die Errichtung heimatverbundener Gedenkstätten ein. Um Unterstützer für Projekte in den eigenen Reihen, aber auch in Bevölkerung und Politik zu gewinnen, ist Präsident Wolfgang Rolshoven neben der Faktenlage auch die Rhetorik wichtig. „Natürlich ist es erst einmal wichtig, den Leuten sachlich darzulegen, warum ein Projekt für Düsseldorf wichtig ist“, sagt Baas Rolshoven. „Grundvoraussetzung ist dabei aber, dass man selbst für die Sache brennt.“ Eine gut gegliederte Rede helfe am Ende nicht, wenn der Redner selbst nicht von der Sache überzeugt ist.

Vom akribischen Aufschreiben, Vorlesen oder Auswendiglernen hält er überhaupt nichts. „Ich mache mir Notizen und trage dann möglichst frei vor“, sagt er. Das erste Mal, dass Rolshoven vor rund 2000 Menschen überzeugen musste, war beim 80. Geburtstag des Vereins. Zuvor hatte es erheblichen Streit zwischen seinen Vorgängern im Vorstand gegeben - entsprechend aufmerksam hörte das Publikum zu. „Es war das erste Mal, dass ich vor so vielen Menschen sprach“, erinnert sich Rolshoven. Mit der Rede war er im Nachhinein zufrieden. Aber auch einen Versprecher hätte er sich verziehen. „Die gab es in anderen Situationen auch schon mal. Auch damit muss man leben.“ Wichtig sei es, authentisch zu bleiben, ein Räuspern oder ein Versprecher gehörten dann auch mal dazu.

Eine Regel gibt es aber dann doch: „Man muss sich kurz fassen.“ Zehn bis maximal 15 Minuten sollte eine Ansprache dauern, Referate höchstens 40 Minuten. So auch dienstags bei den Jongesabenden, 50 Mal pro Jahr. „Danach hört einfach niemand mehr zu.“

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