Wir Düsseldorfer Mode für den Metal-Nachwuchs

Düsseldorf · Auf Festivals wie Rock am Ring oder Wacken stürzen sich Eltern auf den Stand mit den Kindershirts mit Logos von bekannten Rock- und Metalbands. Dabei ist der Hersteller der Shirts ganz nah: Der sitzt nämlich in Gerresheim.

 Tobias Weidhase (rechts) und Azubi Sascha zeigen einen kleinen Teil des großen Sortiments. Mehr als 80 Bands mit knapp 120 verschiedener Bandmotive bietet Metal-Kids. Die Musikgenres erstrecken sich dabei über den klassischen Hardrock, Heavy- und Power-Metal, Metalcore, Extreme-, Black- und Death-Metal bis hin zu Punkrock und Grunge.

Tobias Weidhase (rechts) und Azubi Sascha zeigen einen kleinen Teil des großen Sortiments. Mehr als 80 Bands mit knapp 120 verschiedener Bandmotive bietet Metal-Kids. Die Musikgenres erstrecken sich dabei über den klassischen Hardrock, Heavy- und Power-Metal, Metalcore, Extreme-, Black- und Death-Metal bis hin zu Punkrock und Grunge.

Foto: Ines Arnold

Und da saß er plötzlich. Ihm gegenüber der Bandleader einer der ganz Großen der Metal-Szene, der einen Tag zuvor auf dem Handy durchgeklingelt und einen Termin in einem Hotel am Flughafen vorgeschlagen hatte. Tobias Weidhase konnte es kaum fassen: Manowar-Frontmann Joey De Maio, der nach einem Konzert in Hamburg auf dem Rückweg nach New York war, machte einen Zwischenstopp in Düsseldorf, um sich mit ihm über seine Idee zu unterhalten. Über eine Idee, die knapp zwei Jahre in seiner Schublade in Gerresheim gelegen hatte und nun tatsächlich in die Tat umgesetzt werden sollte: Shirts, Pullover und Accessoires mit Logos bekannter Hardrock- und Metalbands zu bedrucken, offiziell lizenziertes Band- und Festival-Merchandise mit Motiven aus der Welt der harten Musik zu verkaufen. Aber: speziell für Kinder.

Shirt der Lieblingsband statt Anzug und Krawatte

Nur wenige Tage nach dem Treffen mit Manowar-Bandleader De Maio lag der Lizenzvertrag vor. Die Konditionen allerdings bereiteten Tobias Weidhase Bauchschmerzen. Mit einer Vorabzahlung im hohen fünfstelligen Bereich startete er in seine neue berufliche Zukunft. Und ließ die Vergangenheit als Angestellter mit Anzug und Schlips endgültig hinter sich.

Heute, mehr als zehn Jahre später, weiß der 51-Jährige vieles besser. Der Vertrag mit Manowar ist längst ausgelaufen, dafür sind viele andere Bands hinzugekommen. In seinem Büro an der Schönaustraße in Gerresheim prangen auf Babybodys, Kindershirts, Lätzchen und Kappen die Namen von Bands wie Metallica, Motörhead, Slayer, Nirvana, AC/DC oder Slipknot. Mehr als 80 Bands sind mittlerweile vertreten, darunter neben den Topbands viele jenseits des Mainstreams.

Das Lager ist voll, rund 30 000 bereits bedruckte Exemplare liegen nach Größe und Aufdruck sortiert in den Regalen, daneben noch mal so viele Rohlinge verpackt in Kartons. Der größte Teil der unbedruckten Ware ist in die Druckereien ausgelagert, die im Auftrag von „Metal-Kids“ farbig drucken. Nur die schwarz-weißen Prints können in Gerresheim von Tobias Weidhase und seinen Mitarbeitern gedruckt werden.

Zurzeit hat das Team besonders viel zu tun. Es ist Festival-Hochsaison. Gerade erst ging Wacken zu Ende, nun steht das Alcatraz Hardrock- und Metalfestival in Belgien an. 13 Festivals werden jedes Jahr zwischen Juni und August angesteuert, die Mitarbeiter sind vor Ort und verkaufen die Ware. An Metalfans, die ihren Kindern, Enkeln, Nichten, Neffen oder kleinen Geschwistern etwas mitbringen möchten. „Auf den Festivals sind wir ganz nah dran am Kunden. Man kommt ins Gespräch und erfährt, was sie sich wünschen, welche Prints, welche Designs. Und man kommt natürlich auch dazu, Musik zu hören“, sagt Weidhase.

50 Prozent des gesamten Umsatzes aber macht Metal-Kids durch den Verkauf über Zwischenhändler, die Kunden sogar in Australien mit Shirts und Accessoires beliefern. Die andere Hälfte teilen sich der Direktverkauf auf Festivals und der Verkauf über den eigenen Online-Handel.

Der wird von der Schönaustraße in Gerresheim aus gesteuert. Die Räume hat Tobias Weidhase 2015 angemietet, als das Lager ein paar Straßen weiter nicht mehr ausreichte. Hin und wieder kommt es vor, dass Passanten an der Tür rütteln oder gegen die Scheibe klopfen — in der Annahme, Metal-Kids sei ein Geschäft. „Wenn jemand klopft öffnen wir natürlich und versuchen, den Wunsch zu erfüllen“, sagt Weidhase. Allein schon, um sich in der Nachbarschaft nicht als Außenseiter zu isolieren. Um Weihnachten herum öffnet das Team dann den Laden, schenkt Glühwein aus und zeigt, dass die „komischen Gestalten in ihren schwarzen Shirts“ richtig freundliche Typen sind.

Allein sein „Dresscode“ ist für den 51-Jährigen jeden Morgen aufs Neue ein Grund zur Freude. „Ich kann herumlaufen wie ich will, greife mir einfach ein Shirt meiner Lieblingsband und bin bereit“, sagt er. Die Erfahrungen, die er als Produktmanager in der Telekommunikationsbranche gemacht hat, halfen ihm dabei, die Marke Metal-Kids überlegt und professionell aufzubauen. Er erarbeitete neben den Bandlogos auch eigene Designs und legte fest, dass die Kindermode eines nicht sein soll: süß und kindlich. „Es sollte Erwachsenenmode adaptiert für Kinder sein“, sagt er. Nicht immer einfach sei es jedoch gewesen, etwas Kindertaugliches zu finden. Bei Iron Maiden brauchte das Team beispielsweise mehrere Beratungsrunden, bis eine einigermaßen verträgliche Version von Band-Maskottchen Eddie auf dem Shirt landete.

Mittlerweile feilt Weidhase bereits an neuen Ideen. „Der Entertainment-Sektor ist groß, da geht noch was“, sagt er und zeigt einige neue Prints mit Krümelmonster, Bart Simpson oder Snoopy. Aber auch Partner-Shirts könnten mit ins Programm aufgenommen werden. „Dann können Vater und Sohn im Partnerlook gehen“, meint er.

Er selbst hätte sich darüber früher sehr gefreut. Damals, als seine Söhne noch anzogen, was dem Vater gefällt. So war die Idee zu Metal-Kids gar erst entstanden: Nirgends fand er Shirts seiner Lieblingsbands in Kindergröße – eine Marktlücke. Heute sind seine Söhne 14 und 16 und mit Metalshirts muss man ihnen nicht mehr kommen. „Sie hören das, was alle in ihrem Alter hören: Deutsch-Rap“, sagt Weidhase mit schmerzverzerrtem Gesicht. Er habe aber Hoffnung, dass dies nur eine Phase ist und die Söhne musikalisch noch „zur Besinnung“ kommen. Zumindest bei dem Älteren. Der machte zuletzt ein Praktikum im Laden seines Vaters, in dem rund um die Uhr Heavy Metal läuft. „Nach einigen Tagen habe ich gesehen, wie er mit dem Fuß im Rhythmus mitwippte. Ich werde es ihm zwar nicht sagen, aber ich bin mir sicher, dass das mit dem Musikgeschmack noch was wird bei ihm.“

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