Falschsingen in hoher Perfektion

Premiere: Désirée Nick überzeugt als Madame Flo im Theater an der Kö.

Düsseldorf. In den ersten paar Minuten möchte man rausrennen. Dann gewöhnen sich die Ohren langsam an die schiefen Töne auf der Bühne. Am Ende ist der Zuschauer gar bezaubert von Florence Foster Jenkins, die das Falschsingen zur Perfektion entwickelt hat. Zehn Minuten Standing Ovations gab es nach der Premiere von "Souvenir - Die Mörderin des hohen C" am Freitag für Désirée Nick und Christoph Schobesberger. Nicht vielen Sängern würde das passieren, wenn sie zuvor eineinhalb Stunden keinen einzigen Ton getroffen hätten. Désirée Nick schon.

"Noten sind Wegweiser, ein Künstler hat Freiraum zur Auslegung." Das hat sie mit ihrer Rolle, der reichen amerikanischen Erbin Florence Foster Jenkins, gemeinsam. Auch "Madame Flo" bekam tosenden Applaus für ihre schräge Freistil-Sangeskunst. Damals verließ manch Besucher den Saal, um das Lachen nicht länger unterdrücken zu müssen. Im Theater an der Kö bleiben die Zuschauer sitzen und lachen dennoch aus vollem Herzen, wenn Désirée Nick zum wiederholten mal zur "Königin der Nacht" von Mozart unter hörbarem Schnaufen ansetzt und den Ton dann akkurat neben die anvisierte Tonhöhe trifft.

Im Anschluss kommen Sätze wie "Sie werden es mir nicht glauben, aber in meiner Jugend hat man mir vom Singen abgeraten", die das Publikum zu Szenenapplaus animieren. Désirée Nick verkörpert Madame Flo derart überzeugend, dass man sich in die 40er Jahre zurückversetzt fühlt. Höhepunkt ist ihr Auftritt als singender Engel. Die Geschichte der außergewöhnlichen Frau wird aus der Sicht ihres Pianisten Cosme McMoon, gespielt von Christoph Schobesberger, erzählt, der vergebens versucht, Madame Flo Gesangsunterricht zu erteilen.

Wenn die Sängerin bemerkt, dass im Konzert doch ein winziger Ton daneben gegangen ist, wird gerne ihr Pianist für den Fehler verantwortlich gemacht: "Es gab da eine Stelle, ich glaube, da stimmte was nicht. Erstaunlich, dass Sie das nicht bemerkt haben. Eins steht fest, das Klavier schleppt." Dennoch sagt McMoon seiner Schülerin nie die Wahrheit über ihren Gesang.

Das Zusammenspiel von Désirée Nick und Christoph Schobesberger macht die Komik des Stücks aus. Höhepunkt bleibt aber der Gesang. Vor allem die Interpretation des "Ave Marias" wird den Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben. Im Engelskostüm mit großen weißen Flügeln tritt Désirée Nick auf die Bühne und singt theatralisch, als ob es kein Morgen gäbe.

Service: "Souvenir" läuft bis zum 15. August im Theater an der Kö. Täglich, außer Montag, um 20 Uhr, sonntags 18 Uhr. Zusatzvorstellungen: Montag, 26. Juli, 20 Uhr und Samstag, 14. August, 17 Uhr und 20 Uhr. Tickets kosten zwischen zwölf und 28 Euro.

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