Schauspiel Cathleen Baumann – Die Frau, die starke Frauen spielt

Düsseldorf · Interview Cathleen Baumann spielt im 50er-Jahre-Drama „Ein Blick von der Brücke“ die Frau der Hauptfigur.

 Cathleen Baumann spielt Beatrice in Arthur Millers Drama „Ein Blick von der Brücke“.

Cathleen Baumann spielt Beatrice in Arthur Millers Drama „Ein Blick von der Brücke“.

Foto: Martin Steffen

Mittellange (rot)blonde Haare, offenes Gesicht, energiegeladen ihr Auftritt und ihre helle, klare Stimme. Auf der Bühne ist Cathleen Baumann abonniert auf starken Frauen. Weniger in Klassikern, eher in modernen Stücken. Manchmal zieht die Schauspielerin, die bereits 2006 bis 2009 unter Ex-Intendantin Amélie Niermeyer, auffiel, auch ganz schön schrille Register und scheut sich nicht vor (keifenden) extremen Tönen. Ob in „Abiball“, „Konsens“, „Fabian“ oder „1984“. Letztere Inszenierung stammt von Armin Petras, der auch Arthur Millers 50er-Jahre-Drama „Ein Blick von der Brücke“ herausbringt: mit Cathleen Baumann als Beatrice – der Frau der Hauptfigur Eddie. Die Premiere ist am 9. März im Central. Während einer Probenpause sprach die WZ mit der Darstellerin.

Sie kamen 2016 mit Wilfried Schulz zurück nach Düsseldorf. Wie war das?

Cathleen Baumann: Nach sieben Jahren Dresden kam ich zurück. Da war die Begrüßung von den Kollegen auch hinter der Bühne so herzlich, dass es mir vorkam, als ob ich gar nicht weg gewesen war. Zudem kommt mir das rheinische, offene Naturell sehr entgegen. Ich musste schmunzeln, als Schulz mir anbot, mit seinem Team von Dresden nach Düsseldorf zu wechseln. Er hatte mich ja 2009 von Düsseldorf weg engagiert.

Wie leben Sie heute mit Ihrer Familie?

Baumann: Wir leben mit unserer Tochter (7) auf dem Land in Angermund. Als alte Thüringerin liebe ich den Rückzug ins Grüne. Und haben die Eltern meines Partners in der Nähe. Mein 16 jähriger Sohn aus einer früheren Beziehung lebt gerade bei seinem Vater in Berlin. Er besucht uns regelmäßig.

Welche Erinnerungen haben  Sie an die Zeit unter Amélie Niermeyer?

Baumann: Meine Lieblingsproduktionen ganz voran waren „Der Meister und Margarita“ und „Schmutzige Hände“. Beides inszeniert von Sebastian Baumgarten, der mich damals sowohl mit Amélie als auch mit Wilfried bekannt gemacht hatte. Für mich war es 2006 das erste Engagement in einem so großen Haus. Eine immense Herausforderung war die riesige Bühne (vor dem Umbau). Als Mensch war mir Niermeyer sehr sympathisch, sie hat mir – damals als alleinerziehende Mutter – sehr geholfen.

Und die „Flopfabrik“, wie damals Kritiker schrieben?

Baumann: Es war sehr deprimierend, das große Haus häufig leer zu sehen. Und das, obwohl erstklassige Schauspieler engagiert waren und Amélie (2006 bundesweit jüngste Intendantin) bis zur Erschöpfung und Ohnmacht gearbeitet hat. Aber die Gewerke waren sehr unzufrieden und sie konnte, glaube ich, auch zuletzt die Stadt nicht für sich gewinnen.

Da fiel es Ihnen leicht, nach Dresden zu wechseln?

Baumann: Ja, weil Schulz ein kluger Intendant ist, der fordert, aber alle Mitarbeiter höflich und mit Respekt behandelt. Das ist nicht überall so. (Sie schmunzelt). Bei ihm regiert die Vernunft. Und er hat Interesse an den Menschen in der Stadt, für die er Theater macht. Er will das Leben der Bürger verstehen und sie einbeziehen.

Damit haben er und Sie in Düsseldorf ins Schwarze getroffen.

Baumann: Ja, der Erfolg ist großartig. Aber nach den vielen musikalischen, geschmeidigen und wohltuenden Produktionen müssen allmählich auch schwierigere Stücke kommen. Theater darf nicht nur glänzen und pudern, wie vieles in Düsseldorf, sondern auch in einer Weise aus dem Urschlamm gebären und da treffen, wo eben nicht so gerne hingeschaut wird, wo die Krankheiten der Gesellschaft stecken und im besten Falle eben trotzdem unterhalten und ja, vielleicht sogar schick sein.

Warum haben Sie als Thüringerin an der Essener Folkwang-Hochschule studiert?

Baumann: Ich war 16, als die Mauer fiel. Da musste ich mich erst mal im Kapitalismus zurechtfinden, machte eine Ausbildung als Kinderpflegerin und wollte Psychologie studieren. Durch eine Freundin kam ich zufällig nach Bochum, habe gejobbt und gekellnert. Mit 24 bin ich dann neu durchgestartet und habe mich an der Folkwang-Hochschule beworben und wurde prompt aufgenommen.

In welchen Rollen werden Sie eingesetzt?

Baumann: Seit meinem ersten Engagement in Meinigen besetzte man mich gerne als überzeichnete Frau, grotesk und überspitzt, manchmal gebrochen. Das hat auch mit meiner Begegnung als junge Schauspielerin mit dem Regisseur Sebastian Baumgarten zu tun. Er hat mich sehr geprägt. Aber meine Exzentrik, meine lebendige Energie, die Fähigkeit mich auf alles Neue einzulassen, hat mich in den 16 Jahren meiner Berufserfahrung sehr vielseitig entwickeln lassen. Heute mag ich alles, was mir auf der Bühne erlaubt mir neu zu begegnen. Armin Petras ist ein Regisseur, mit dem ich genau diese Erfahrung machen kann. Insgesamt wünsche ich mir mehr Rollen für Frauen, vor allem mein Alter betreffend, am liebsten zur Abwechslung mal von Frauen geschrieben.

Was für eine Frau ist Beatrice in „Ein Blick von der Brücke“?

Baumann: Die Amerikanerin mit italienischen Wurzeln im New York der 1950er Jahre ist ein anderer Typ Frau. Sie ist eine klassische Hausfrau jener Zeit. Sie kämpft trotz eigener Leidenserfahrung mit großer Hingabe, Liebe und Loyalität um ihren Mann, den sie vor dem Unglück, auf das er unaufhaltsam zusteuert und das ihn und die ganze Familie zerstören wird, bewahren will.  Auch als alles verloren und er gebrochen ist, steht sie an seiner Seite. Am Ende der Tragödie sagt sie zu ihrer Zieh-Tochter Catherine, die Eddie verflucht: „Was immer passiert ist, wir sind alle mitschuldig. Vergiss das nicht“.

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