Kunst Sonnendeck auf dem Hoteldach

Düsseldorf · Paul Schwer hat im Hotel Friends ein spezielles Gemälde errichtet.

 Bildhauer Paul Schwer (l.) hat auf dem Dach des Hotel Friends die Installation „Sonnendeck“ errichtet. Neben ihm Kurator Wilko Austermann.

Bildhauer Paul Schwer (l.) hat auf dem Dach des Hotel Friends die Installation „Sonnendeck“ errichtet. Neben ihm Kurator Wilko Austermann.

Foto: Thomas Frank

„Sonnendeck“ – so nennt der Maler Paul Schwer seine Installation auf dem Dach des Hotel Friends. Der Künstler setzt damit die Ausstellungsreihe „Antichambre“ fort, die Kurator Wilko Austermann für das Hotel Friends entwickelt hat. „Sonnendeck“ weckt unwillkürlich Assoziationen. Man denkt sich auf das Deck eines Kreuzfahrtschiffs oder auf eine Terrasse. Im Liegestuhl, mit Klapptisch und Sonnenschirm. Sonnen, Entspannen und Verweilen. Auch der Song „Sonnendeck“ von Pop-Musiker und Autor Peter Licht kommt in den Sinn: „Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf’m Sonnendeck“. Nicht zuletzt verbirgt sich hinter „Sonnendeck“ auch ein Stuttgarter Kunstmagazin.

Wer aber die Hoteltreppen hinaufsteigt und vom „Lehrerzimmer“ – dem Tagungs- und Meetingraum – auf Paul Schwers Werk blickt, wird überrascht: Keine Spur von Kreuzfahrt-Atmosphäre oder Wochenend-Flair. Stattdessen stehen die Zeichen auf Verfall, Abbruch, Zerstörung. Allein das Setting ähnelt einem Hinterhof in den Favelas von Rio de Janeiro. Die gelbe Mauer bröckelt und bröselt, wirkt schimmlig. Über das Dach ziehen sich kreuz und quer Bitumen-Schweißbahnen. Mehrere heruntergekommene Lüftungsschächte erheben sich.

 Abriss-Atmosphäre statt Wohlfühl-Flair auf dem Hoteldach: Paul Schwer bricht mit den Erwartungen, die sein Kunstwerk „Sonnendeck“ zunächst verheißt.

Abriss-Atmosphäre statt Wohlfühl-Flair auf dem Hoteldach: Paul Schwer bricht mit den Erwartungen, die sein Kunstwerk „Sonnendeck“ zunächst verheißt.

Foto: Thomas Frank

Hier inszeniert Paul Schwer ein ironisches, aber auch poetisches Spiel mit den Vorstellungen von einem Sonnendeck. Auf den Gitterschächten liegen zerknüllte Plastik-Skulpturen in Orangerot, zerknickte Stahlrohre, blau schimmernde Kunststoff-Platten, auf die Schwer Fotos von einem ausrangierten Auto gesiebdruckt hat, verdrehte und durchlöcherte Wellblech-Jalousien, Blechrahmen, ein Gitterblech, durch das Schwer rote Farbe gedrückt hat, Leuchtstoffröhren und Holzlatten, die arrangiert sind wie beim Mikado-Spiel. Als wäre hier eine Katastrophe passiert, als wären Dachstuhl und Leuchten eines Hauses eingestürzt und die Fenster im Flammeninferno verformt worden. Die knallroten, verknäuelten Plastik-Gebilde stammen denn auch aus dem Ofen: einem Pulverbeschichtungsofen, der so groß wie eine Garage ist. Paul Schwer bemalt PET-Platten mit Siebdrucklack und Pigmenten und schiebt sie dann samt Gestängen in den Ofen. Sobald die Platten flüssig werden, zieht er sie zusammen mit anderen Mitarbeitern heraus, verformt sie, bis sie nach wenigen Minuten erstarren.

 Vom Zimmerbalkon in der sechsten Etage wirkt Paul Schwers „Sonnendeck“ wie ein Gemälde. Schwer versteht sich auch als Maler. Nur hantiert er nicht „klassisch“ mit Pinsel, Rakel oder Leinwand, sondern mit Plastik, Leuchtstoffröhren, Wellblech und Holz.

Vom Zimmerbalkon in der sechsten Etage wirkt Paul Schwers „Sonnendeck“ wie ein Gemälde. Schwer versteht sich auch als Maler. Nur hantiert er nicht „klassisch“ mit Pinsel, Rakel oder Leinwand, sondern mit Plastik, Leuchtstoffröhren, Wellblech und Holz.

Foto: Thomas Frank

Der 67-jährige Schwer versteht sich als Maler. Nur, dass er nicht mit Pinsel, Rakel und Leinwand hantiert, sondern mit Kunststoff, Licht, Wellblech oder Holz. Schwer will Farbe körperlich erfahrbar machen, also „trägt“ er sie in den Raum. Vom Zimmerbalkon der sechsten Etage sieht das „Sonnendeck“ auch aus wie ein abstraktes Gemälde, das mit den wechselnden Lichtverhältnissen seine Farben ändert. Die blauen Plastikplatten hat der Künstler schräg aufgestellt, so dass sie Solarmodulen ähneln. Auf sie prallt das Licht der Mittagssonne. So gleißend, dass die Platten kaum zu erkennen sind. Die Holzlatten – mehrfach in Kreuzen arrangiert – werfen Schatten auf den Boden. Und in der Dunkelheit erstrahlt das „Sonnendeck“ im Leuchtstoffröhrenlicht. Von oben erinnert die Installation gar nicht mehr an Abriss und Zivilisationsende, sondern an Wiederaufbau und Neuanfang.

 In der Dunkelheit verwandelt sich Paul Schwers „Sonnendeck“ in ein leuchtendes Gemälde.

In der Dunkelheit verwandelt sich Paul Schwers „Sonnendeck“ in ein leuchtendes Gemälde.

Foto: Wilko Austermann

Paul Schwers „Sonnendeck“ ist noch bis Oktober auf dem Flachdach des Hotel Friends zu besichtigen. Adresse: Worringerstraße 94-96. Informationen vor Ort an der Rezeption.

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