Kunst Düsseldorfer Kunstszene in einer Schau

Düsseldorf · Unter dem Titel „d-polytop“ zeigt die Kunsthalle großartige Düsseldorfer Künstler. Leider nur als Potpourri.

 Gursky-Freund Ulrich Hensel zeigt die Baustelle in Düsseldorf an der Toulouser Allee, 2018.

Gursky-Freund Ulrich Hensel zeigt die Baustelle in Düsseldorf an der Toulouser Allee, 2018.

Foto: Ulrich Hensel

„d-polytop“ ist ein verquaster Titel für ein Potpourri Düsseldorfer Künstler in der Kunsthalle am Grabbeplatz. Wie so oft wurde die Auswahl nach dem Motto der amerikanischen Filmkomödie „In Dutzend billiger“ getroffen. Dem gerade erst um weitere fünf Jahre verlängerten Kunsthallendirektor Gregor Jansen fehlt der Mut zur Entscheidung. Anders ist es kaum zu erklären, dass Michel Sauer 69 Jahre alt werden musste, bis er wenigstens das Foyer in der ersten Etage bespielen darf. Warum bekommt Ulrich Hensel erst im 73. Lebensjahr eine Wand im Kinosaal zugeteilt? auch im KIT und in der Kunstsammlung packt man die hiesige Szene in ein Potpourri. Dies als Anmerkung zum  Ausstellungsbericht.

Die perfekte Fotografie des Gursky-Freundes Ulrich Hensel

Ulrich Hensel, der zwar Psychologie, aber nicht Fotografie studiert hat, erweist sich als grandioser Künstler. Was er im Haupt- oder Nebenberuf auf Baustellen festhält, wirkt perfekt. Realität und abstrakte Kunst, Komposition und Zufall, geometrische Form und Funktion am Bau fallen in seinen Bildern zusammen. Die Großformate im Diasec-Verfahren erinnern an seinen Freund Andreas Gursky und sind doch völlig anders, denn die Motive sind nicht gebaut, sondern gefunden. Angesichts des Baubooms kann man sie an jeder Straßenecke sehen, dennoch ist Hensels Ergebnis von unverrückbarer Monumentalität.

Michel Sauer wird im Foyer neben der Treppe gefeiert

Auch von Michel Sauer hätte man sich längst eine Einzelausstellung gewünscht, denn die letzte in der Kunsthalle liegt 40 Jahre zurück.  Was er aus simplen MDF-Lochplatten in Schwarz und Elfenbeingelb an geometrischen und abstrakten Formen schafft, zeugt von dem enormen Formenschatz. Seine Skulpturen erinnern an die Architektur des Goetheanum, wo der Geist des Anthroposophen Rudolf Steiner noch heute praktiziert wird, aber sie verweisen auch auf die Betonkirche in Velbert sowie auf Giotto und Mantegna, die frühen Boten der modernen Malerei.  „In der Kunst denkt man die alte Kunst immer auch mit“, sagt Sauer. Für ihn fallen Erinnerungsbilder, Vorstellungen und Modelle im neuen Werk zusammen.

Heinz Hausmanns Zeichnungen im Einwickelpapier von Hinkel

Dritter im Bunde der Heroen ist Heinz Hausmann. Seine kleinformatigen Aquarelle und Bleistiftzeichnungen auf dem Einwickelpapier des Brotbäckers Hinkel sind wahre Kostbarkeiten und Ideenskizzen zur Stadterneuerung. So lässt er Rosen oder Radieschen in der Steinwüste zwischen Dreischeibenhaus und Gründgens-Platz wachsen. Poesie und Erzählfreude leben in seinen Blättern. Dabei ist es ihm notgedrungen egal, dass er vom Kunstmarkt kaum beachtet wird, dafür aber von den Freunden gefeiert wird. Tippzettel halten nicht nur die Ergebnisse im Fußballsport fest, sondern sie wirken zugleich wie musikalische Noten. So gibt Hausmann den Kellnerinnen in den Pinten Olio oder Sennenhütte Musikinstrumente in die Hand und lässt sie „Butter bei di Fische“ spielen.

Wahlverwandtschaften bei Bianca Grüger und Jörg Paul Janka

Erstaunliches präsentiert auch Bianca Grüger, Meisterschülerin von Konrad Klapheck, die die Plattitüden bei der Pressekonferenz mit der Bemerkung quittierte: „Meine Malerei erklärt sich von selbst.“ Sie bläst nichts auf, belässt es bei kleinen Bildern, deren Figuren von einem Motiv zum nächsten springen. Die Gestalten und Abstraktionen sind Wahlverwandte, die so spröde daherkommen, wie sich die Künstlerin selbst gern gibt. Doch malerisch ergeben sich vielschichtige Feinsinnigkeiten.

Fünfter im Bunde ist Jörg Paul Janka, der filmisch und fotografisch überzeugt. Eine köstliche Hommage auf Peter Tedden ist ein Loop, in dem er die Garderobe des beleibten Galeristen wie in einer Waschkaue hoch und runter zieht und dabei die Einzelteile filmisch kombiniert. Er spiegelt damit die Persönlichkeit dieses Mannes, der ein Leben lang für die Düsseldorfer Kunstszene eingetreten ist und dann durch eine Laune seines Vermieters aus dem Quartier Bilker Straße gekündigt wurde.

Störenfriede, Hohlräume und Memorials auf den Sternverlag

Die redenden Maschinen des Andreas Fischer hätten einen eigenen, schalldichten Raum verdient, denn sie geben sich bewusst als absurde Störenfriede. Aus Abfallrohren, einem ausrangierten Lampenschirm, einem blitzblanken Taschenanker und diversen Kabeln baut er seine Skulpturen. Es sind Einakter, bei denen er als Regisseur und Bühnenbildner fungiert und die aufmunternden Worte eines Fragestellers („Sieh zu, mein Guter. Geht es dir wieder gut? Sehen Sie zu, dass es wieder gut ist.“) seinem Maschinen-Protagonisten überlässt. Wie in einer Endlosschleife kehren die Fragen stets zum Ausgangspunkt zurück.

Die Erinnerung an den Sternverlag, den Gabriele Horndasch in der Neonschrift vom Uni-Campus wieder auferstehen lässt, die gleitenden Übergänge der realen in die konstruierten Aufnahmen von Christine Erhard sowie die passgenauen, aber im Maßstab verkleinerten Abformungen des Kunsthallen-Hohlraums durch Ralf Werner bezeugen die Vielfalt der Düsseldorfer Szene. Ihr könnte sich die Kunsthalle durchaus konzentrierter widmen.

Info: Kunsthalle am Grabbeplatz 4, bis 28. April, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr

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