Klassik Sternzeichen im Zeichen des Brexits

Düsseldorf · Just am Tag, an dem Großbritannien die EU verließ, dirigierte ein Brite die Düsys.

 Der spanische Cellist Pablo Ferrández spielte Antonin Dvořák.

Der spanische Cellist Pablo Ferrández spielte Antonin Dvořák.

Foto: Susanne Diesner

Das Sternzeichen-Konzert am Freitag stand unter besonderem Vorzeichen. Dies lag aber diesmal nicht an innermusikalischen Aspekten, wie den eigentlichen Vorzeichen der Werke, denn das F-Dur von Smetanas Ouvertüre zu „Die Verkaufte Braut“ oder auch das h-Moll von Dvořáks Cello-Konzert sowie seine Symphonie Nr. 7 in d-Moll sind jetzt nicht so außergewöhnlich. Wenngleich es schon bemerkenswert ist, wenn an einem Abend zwei Werke in Moll gespielt werden, ist es auch beachtenswert, wenn sich ein Komponist dazu entscheidet, eine Symphonie in einer Moll-Tonart zu verfassen.

Die Vorzeichen sind politischer Natur: Alpesh Chauhan, dem Düsseldorfer Publikum schon durch seine beeindruckende Bruckner-Interpretation aus dem Jahr 2018 bestens bekannt, ist Brite, mit indisch-afrikanischen Wurzeln. Und hier wird es politisch.

Am Freitag, 31. Januar 2020, vollzog sich der Brexit – und der hat Auswirkungen – über die wir hier natürlich in extenso nicht sprechen können; doch hat das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU durchaus auch seine Relevanz für unsere Konzertbühnen, für die Musikwelt. Wie wird es sein, wenn Musiker wie Chauhan zukünftig etwa vielleicht ein Visum beantragen müssen, wenn sie in Düsseldorf auftreten wollen? Wie ergeht es Musikern mit britischem Pass, die hier in Deutschland wirken? Man hatte sich daran gewöhnt, dass Musiker aus Großbritannien unkompliziert wie selbstverständlich Teil unserer Kulturlandschaft auf dem europäischen Festland sind. Das werden sie natürlich auch zukünftig sein, und es gibt ja viele andere Musiker, die von außerhalb der EU kommen; aber eine unschöne Veränderung ist das alles schon. Auch daran muss man an diesem Tag und darüber hinaus denken – so war dieses Thema in den einführenden Worten von Intendant Michael Becker auch durchaus bestimmendes Thema.

Aber zur Musik. Die war durchaus national gefärbt. Tschechisch durch und durch. Nach einem feurigen Ritt durch die Ouvertüre von Smetana, die absolute Präzision von den Streichern verlangte, standen die Zeichen auf den feinen Dialog zwischen Cello und Orchester. Der Cellist Pablo Ferrández interpretierte gemeinsam mit den Düsseldorfer Symphonikern das so melodien-selige op. 104 Dvořáks mit absoluter Inbrunst. Fast schon obsessiv hatte er sein Cello im Griff und entlockte dem Instrument leidenschaftlichen und dennoch sensibel leisen Klang. Mit einem ausgesprochen forschen Vibrato und Fingern, die sich fast in das Griffbrett verkeilten. Hier wirken Kräfte, die ihren Weg suchen wollen. Chauhan vermochte zwar vielleicht den Düsseldorfer Symphonikern nicht immer die böhmische Mischung aus Leichtigkeit und Melancholie zu entlocken, doch bot romantische Energien, die dem Publikum sichtlich Freude machten.

Auch die Interpretation der siebten Symphonie entpuppte sich als durchdrungen von romantischer Klangentfaltung. Das beeindruckende Spiel zwischen Akzent und Phrasierung und ein Verständnis für weitgefasste Bögen, wie es bei Bruckner 2018 so zauberhaft zu erleben war, zündete bei Dvořák vielleicht weniger offensichtlich. Aber gerade die Stellen jener Musik, die sich groß aufbäumen, vermochte der junge Dirigent, mit ungeahntem Esprit entfalten zu lassen.

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