Tonhallen-Playlist Unsere „Tonhallen-Playlist“ zu den Sternzeichen-Konzerten geht weiter

Düsseldorf · Teil 2 In dieser Folge unserer Hör-Empfehlungen zur kommenden Konzert-Saison darf Bernstein nicht fehlen.

 Leonard Bernstein, rauchend, – hier 1977 in Paris. Manche Dinge ändern sich – Musik bleibt. Auch er ist bei unserer zeitlosen Liste mit dabei.

Leonard Bernstein, rauchend, – hier 1977 in Paris. Manche Dinge ändern sich – Musik bleibt. Auch er ist bei unserer zeitlosen Liste mit dabei.

Foto: dpa/Horst Ossinger

Auch im zweiten Teil unserer – ganz persönlichen – „Tonhallen-Playlist“ möchten wir Hör-Empfehlungen zur Einstimmung auf die Sternzeichen-Saison in der Tonhalle geben. Dabei lassen wir uns auch wieder weniger von Aktualität der Aufnahmen bei unserer Auswahl leiten. Sondern vielmehr erinnern an besonders mitreißende oder auch inspirierende, mal auch ungewöhnlichere Schätze aus der langen und ereignisreichen Geschichte der Historiographie der Tonaufnahme. Vielleicht als Gegenpol – oder besser eine aus der Vergangenheit herüberlugende Reminiszenz – zu den live Erlebbaren, ganz aus dem Heute schöpfenden Erlebnissen, die die Symphonie-Konzerte mit den Düsseldorfer Symphonikern in der Tonhalle in kommender Saison bieten werden.

Übrigens: Der Vorverkauf für die Sternzeichen-Konzerte startet am Montag, 5. August.

Dvořák und Co (31. Januar, 2. und 3. Februar) Ein Tschechisches Programm durch und durch hat Alpesh Chauhan im Gepäck. Smetanas Ouvertüre zu „Die verkaufte Braut“, gefolgt von reinem Dvořák. Der noch recht junge spanische Cellist Pablo Ferrández wird dessen Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll op. 104 interpretieren, schließlich spielen dann die Düsys Dvořáks Symphonie Nr. 7 d-Moll op. 70 – nein es ist nicht die „aus der neuen Welt“. Spielt man Dvořák, so bedarf es eines gewissen Nervs, eines Sensoriums für den stets in seiner Musik mitschwingenden böhmischen Unterton. Diesem Hauch, der bisweilen zur blumigen Kopfnote, mal zum erdigen Grundton oder bisweilen auch ganz offensichtlich unverschleiert vor einem steht, gebührt die notwendige romantische, zeitgleich des Folkloristischen bewusste Hingabe. Als Referenz für die Siebte kann die inzwischen schon recht betagte Aufnahme mit dem in Böhmen geborenen Rafael Kubelík den 50ern gelten. Dass Kubelík eine gute Wahl ist, steht außer Zweifel. Die Frage ist Wiener oder Berliner Philharmoniker. Wir tendieren zu der vor Leidenschaft und Seele sprühenden – durch den wienerischen Zungenschlag gewürzten – Aufnahme aus 1956 – aufgenommen im Sofiensaal (Decca Legends, 1956, 466 994-2).

Mahler-Zyklus (28. Februar, 1. und 2. März) Bald wird es die sämtlichen Mahler Symphonien in der außergewöhnlichen Interpretation von Ádám Fischer mit den Düsseldorfer Symphonikern als Tondokument zu erleben geben. Aber bei Mahlers Sinfonie Nr. 6 a-Moll müssen wir uns noch gedulden; immerhin liegt das Konzert noch relativ weit vor uns, aus dem dann die Aufnahmen entstehen werden. Übrigens: Fischer paart Mahler auch hier mit Haydn, nämlich dessen Sinfonie Nr. 49 in f-Moll. Nun, bis zum Sternzeichen kann man sich mit übergroßen, gleichfalls sehr persönlichen Sichtweisen auf das symphonische Œuvre Mahlers vertrösten. Bei Mahler darf es keine Kompromisse geben – angesichts der Überfülle an Vortrags-Hinweisen, an Anmerkungen und präzise vorgeschriebenen Interpretations-Wünschen, die in Mahlers Partituren vermerkt sind, könnte man meinen, dass es wenig Spielraum gibt, diese Musik zum Klingen zu bringen. Doch weit gefehlt; trotz aller Bemühungen Mahlers, seine Sinfonik kann, je nach Dirigent und ästhetischem Kontext, in bisweilen erschreckend mannigfaltiger Weise interpretiert werden. Wie so oft ist einiges Geschmackssache, anderes wiederum nicht. Um sich ein Bild davon zu machen, was lange als Non-Plus-Ultra in Sachen Mahler galt und für viele noch gilt, möchten, ja müssen wir auf Bernstein verweisen. Das schwere Stampfen, das emotionale Hinausbrechen, die Leidenschaft und Energie der Sechsten wirkt bei der Einspielung mit den Wiener Philharmonikern am packendsten. (Sammelbox Mahler Symphonien, Deutsche Grammophon, 2010, 00289 477 8668).

Bruckner 7 (20., 22. und 23. März) Bruckner und Mozart miteinander zu kombinieren wirkt eher etwas gewagt. Wie sich das fügt, kann man unter de Leitung von Alexandre Bloch mit Till Fellner am Klavier erleben. Nach Mozart Klavierkonzert Es-Dur KV 482 folgt Bruckners überirdische Siebte Sinfonie. Man könnte viel über Mozart und Bruckner philosophieren, eines ist gewiss: Sowohl der Wiener Klassiker als auch der spätromantische Symphoniker sprechen Sprachen, die nicht jedem Interpreten liegen. Wir möchten für Bruckner gerne die unangefochtene Referenz empfehlen; einen Dirigenten, der weder versuchte Bruckner zu „normalisieren“ ihn windschnittiger und gefälliger zu machen, noch dem Irrtum verfiel, die Tonsprache des Österreichers müsse bewusst unzugänglich, schroff und statisch übersetzt werden, um möglichst authentisch das Machwerk eines Organisten zu verklanglichen. Dass jetzt der Name Günter Wand fällt, ist fast etwas stereotyp – keine wirkliche Überraschung. Und ja, Wand thront bis heute auf dem Königssitz der Bruckner-Dirigenten, ernsthaft, gewissenhaft und empathisch. Wir möchten die Live-Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter seiner Leitung empfehlen. (BMG/RCA, Aufgenommen 1999, 74321 68716 2).

Mendelssohn „Schottische“ (24., 26. und 27. April) Mendelssohn im Mendelssohn-Saal mit dem Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein Axel Kober. Mehr Düsseldorfer Musik-Kultur mag es kaum geben. Aber dieses Konzert birgt neben der Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 „Schottische“ von Mendelssohn auch weiteres in sich. Neben Four Sea Interludes op. 33a (aus Peter Grimes) von Britten, auch ein Concertino d-Moll für zwei Harfen und Orchester op. 91 von Elias Parish Alvars interpretiert von Sophie Schwödiauer. Zum Hauptwerk des Konzerts, der „Schottischen“, möchten wir Ihnen die Einspielung mit dem London Symphony Orchestra unter dem Dirigat von Claudio Abbado ans Herz legen. In der Sammelbox mit den fünf Sinfonien und Ouvertüren kann man sich einen schönen Überblick über die Mendelssohnsche Sinfonik verschaffen. Und das mit Sorgfalt und ohne viel Spirenzkes interpretiert. Pur. (Deutsche Grammophon, Veröffentlichung der Sammel-Box 2001, 0289 471 4672 8). Zu den „Four Sea Interludes From Peter Grimes“ sei eine Empfehlung für eine Einspielung mit dem London Symphony Orchestra ausgesprochen. Sie transportieren die so ins Mark gehende Stimmung dieser Intermezzi besonders gelungen unter der Leitung von André Previn. (EMI Classics, 1993, Aufnahmen 1975, CDM 7 64736 2).

Die Jahreszeiten (15., 17. und 18. Mai) Im Frühling – im Mai des Jahres 2020 – spielen die Düsseldorfer Symphoniker Unter Fischers Leitung, Haydn. Nun, dies ist nicht wirklich eine Überraschung, denn der Ungar hat sich in Düsseldorf immer wieder für den österreichischen Wiener Klassiker den gebührenden Platz in seinen Programmen genommen. Diesmal indes ist ein ganzes Oratorium zu hören. Nicht die Schöpfung, sondern „Die Jahreszeiten“ (Hob. XXI/3), gesungen vom Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf. Solistisch zu hören werden sein Anna Dennis, Uwe Stickert und Miklós Sebestyén. Hier möchten wir gerne zu der Aufnahme mit dem Arnold Schoenberg Chor begleitet vom Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt raten. Wenngleich es weitere ganz hervorragende Aufnahmen gibt – je nach Geschmack etwas romantisierend wie etwa die Referenzaufnahme mit Karl Böhm, oder ganz puristisch wie mit Sigiswald Kuijken – scheint Harnoncourt eine schöne Balance zwischen Klangschönheit, Klangkultur, historisches Bewusstsein und Energie zu finden. Auch solistisch kann diese Aufnahme mit kultivierten Stimmen glänzen, die es in der jeweiligen Besetzung auch bei den beiden Vorgennanten Einspielungen zu hören gibt. (Deutsche Harmonia Mundi, 2008, 88697 28126 2).

Beethoven Pastorale (5., 7. und 8. Juni) Das Beethovenjahr 2020 ohne Beethoven im Programm? Das geht natürlich nicht, wenngleich wir auf noch mehr Musik des gebürtigen Bonners in der zweiten Jahreshälfte hoffen dürfen. In diesem Sternzeichen spielen die Düsys schon mal unter der Leitung von Alexandre Bloch seine Sinfonie Nr. 6 F-Dur op 68, die „Pastorale“. Eine Uraufführung (John Psathas) gibt es oben drauf. Die Pastorale zu spielen ist nun wirklich die höchste Kunst der Beethoven-Interpretation. Denn schnell kann man hier gewissen Fallen obliegen, entweder wird es zu plump, zu naturnah, oder andererseits zu verspielt. Wichtig ist die Tempowahl – wenngleich es hier auch kein Absolutes gibt. Viel hängt davon ab, welcher Interpretationssschule der Dirigent und seine Musiker anhängen; wollen sie es historisch informiert, auf alten oder zeitgenössischen Instrumenten oder ganz auf heutigen Instrumenten, möchten sie historischen Klang neu erfinden oder meinen sie zu wissen, wie alles zu Beethovens Zeiten geklungen haben mag. Ist es ein mit romantischer Soße übergossener Beethoven, der sehr süffig sein kann oder ein erdiger, trockener. Manche schwören auf Harnoncourt, Hogwood, Herreweghe, Frans Brüggen, andere auf Carlos Kleiber, wiederum andere auf Karajan, Böhm, Solti. Zur Zeit hoch im Kurs Paavo Järvi. Mein Gott und so viele andere Namen. Der Autor dieser Zeilen persönlich alterniert zurzeit zwischen der Aufnahme mit dem Chamber Orchestra of Europe unter Harnoncourt (Warner, 2006, 2564637792) und Carlos Kleiber mit dem Bayerisches Staatsorchester in einer Live-Aufnahme (Orfeo, 2003, C 600 031 B).

Ein Heldenleben (26., 28. und 29. Juni) Ein heldenhaftes Finale der Saison 2019/20 gibt es mit Strauss´ Ein Heldenleben, Tondichtung für Orchester op. 40 unter dem Dirigat von Marc Albrecht. Dazu gesellt man Sibelius Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47, gespielt von Augustin Hadelich. Bei Strauss bleibt die erste Wahl trotz sehr guter neuerer Einspielungen Karl Böhm. Aus der imposanten Reihe seiner Aufnahmen wählen wir gerne die mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks aus 1973. (Orfeo, 2016, 264921).

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