Digitalisierung Künstliche Intelligenz: Start-up programmiert Chatbots für Konzerne

Düsseldorf · Cognigy macht Gespräche mit einer Künstlichen Intelligenz möglich und hat bereits Kunden wie Henkel und BMW gewonnen.

Die Geschäftsgründer Philipp Heltewig (l.) und Sascha Poggemann.

Die Geschäftsgründer Philipp Heltewig (l.) und Sascha Poggemann.

Foto: Cognigy

Der Chat mit der Künstlichen Intelligenz beginnt. Wir schreiben „Hallo“ ins Textfeld. Unser Gesprächspartner stellt sich daraufhin als Marie Lou vor und bietet die Vermittlung an einen menschlichen Kollegen an. Wollen wir aber nicht. „Huhu! Nach was soll ich für dich suchen?“, fragt Marie Lou. Wir interessieren uns für ein Rezept mit Nudeln und Gambas. „Leider“, schreibt Marie Lou, finde sie allerdings keines. Neuer Versuch mit Nudeln und Fisch. Treffer. Marie Lou empfiehlt Pasta mit Spargel-Garnelen-Hollandaise. Sie bietet zudem an, weitere Wunsch-Zutaten zu suchen. Wir entscheiden uns für Safran. Soll ja nicht zu einfach sein für Marie Lou. Sie bleibt jedoch unbeeindruckt und sendet uns einen Link zu einem Rezept für Lachs-Tomaten-Pasta. Danke fürs Gespräch.

Marie Lou ist übrigens für jeden ansprechbar. Angeboten werden ihre Dienste von Dr. Oetker über den Facebook-Messenger. Die Software, also den Chatbot, programmiert hat jedoch ein Düsseldorfer Unternehmen namens Cognigy. Und mit diesem Geschäftsmodell hat das erst zwei Jahre alte Unternehmen bereits einige prominente Kunden gewonnen. Wie Henkel etwa und BMW.

Auch Preise hat das Start-up abgeräumt. So gewann es in diesem Jahr den We-Do-Digital-Award der Industrie- und Handelskammer und 2017 auf der Messe Inno-Vario den Plus-X-Award. Im Mai reiste ein Team des Unternehmens sogar als Deutschland-Gewinner zum Finale des Startup World Cup nach San Francisco. „Darauf sind wir besonders stolz“, sagt Co-Gründer Philipp Heltewig, der uns in seinem Büro im Hochhaus Sign im Medienhafen empfängt.

Stolz vor allem deswegen, weil die Auszeichnungen belegen, wie gut sich das Unternehmen entwickelt. Erst vor genau zwei Jahren ging es los. Heltewig, heute 37 Jahre alt, war gerade als Vorstandsmitglied des dänischen Unternehmens Sitecore abgefunden worden. Inzwischen konnte Cognigy nicht nur prominente Kundschaft gewinnen, sondern hat 28 Mitarbeiter, drei in den USA, macht siebenstellige Umsätze und soll in einem Jahr die Gewinnschwelle erreichen. Bei der Entwicklung des Unternehmens helfen soll eine Millionenfinanzierung von Investoren, die auf einer Bewertung des Unternehmens im zweistelligen Millionenbereich fußt.

Bei allen Zahlenspielen, im Kern geht es für das Unternehmen darum, die Software möglichst gut weiterzuentwickeln. Beim Gang durchs Büro sitzen deshalb viele junge Programmierer zwischen 20 und 30 Jahren vor Bildschirmen. „Wenn es sein muss, machen die hier gerne auch mal eine Nacht durch, bei lauter Technomusik“, sagt der junge Familienvater Heltewig. Vielleicht auch mal am für Start-ups obligatorischen Kicker, der in einem Nebenraum steht. „Für unsere Programmierer ist das hier oft Traumerfüllung und Hobby gleichzeitig“, behauptet Heltewig.

Alles begann mit einem Teddybären, der sprechen sollte

Die Geschäftsidee der beiden Gründer war übrigens zunächst eine andere. Sie wollten einen sprechenden Teddybären auf den Markt bringen. Jedoch stießen sie bei der Entwicklung schnell an Grenzen. Sie suchten vergeblich nach einem guten Sprachprogramm. Darauf folgte der Entschluss: „Dann machen wir das eben selbst.“

Wie das genau geht, bleibt IT-Experten vorbehalten zu verstehen. Im Groben wollen wir es aber doch versuchen. Auch wenn Heltewig lachend sagt: „Die Magie ist dann natürlich weg.“ Denn im Prinzip analysiert der Chatbot nach einem mathematischen Prinzip, gespeist mit unzähligen Wikipedia-Texten, welche Nähe Begriffe zueinander haben. Darauf aufbauend entwickelt er ein Verständnis für bestimmte Sätze, auf die er mit im Fall von Cognigy von den Kunden vorgegebenen Antworten reagiert. Der Vorteil beim Düsseldorfer Anbieter der Software ist, dass sich die Kunden über das Ausfüllen von Tabellen, den Bot für die eigenen Bedürfnisse anpassen können. In fortlaufenden Tests wird die KI weiter optimiert, Cognigy veröffentlicht wöchentlich kleine Updates, vier Mal im Jahr große.

So soll es für die privaten Nutzer möglichst leichter werden, sich etwa über das Angebot eines Unternehmens ein Bild zu machen. Ihnen soll es erspart bleiben, die zahlreichen Menüpunkte einer Webseite abzusuchen. Die Unternehmen profitieren laut Heltewig im besten Fall von einer emotionaleren Bindung an die Marke. Die Mitarbeiter wiederum werden von einfach zu strukturierenden Aufgaben im Service entlastet, die Bots können ihnen laut Heltewig auch wie ein Assistent intern zuarbeiten. Dass Bots auch Jobs ersetzen könnten, will Heltewig nicht als Sinn und Zweck gelten lassen.

Doch wie gelingt es einem kleinen Start-up eigentlich, gegen Tech-Giganten wie Microsoft, Google, Apple und Amazon zu bestehen? „Wir sehen sie nicht als Konkurrenz. Wir schaffen Schnittstellen für unsere Kunden, so dass sie ihren Service etwa in Alexa und Siri integrieren können.“ Außerdem könne man viel schneller und flexibler individuell auf Kundenwünsche eingehen als ein großer Konzern.

Apropos großer Konzern. Heltewigs Blick fällt aus einem Fenster auf den neuen Nachbarn, die Zentrale von Trivago mit 1200 Mitarbeitern. Ob das ein Vorbild ist? Heltewig bejaht das nicht. Vielmehr stellt er klar: „Wir haben ein Produkt.“

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