Halbzeit für Dirk Elbers: Regieren im Schatten Erwins

Heute vor drei Jahren übernahm der CDU-Mann das Steuer im Rathaus, jetzt ist die Hälfte seiner Amtszeit erreicht. Eine Bilanz.

Düsseldorf. „Joachim Erwins letzter Sieg“, so kommentierte die WZ das Ergebnis der Oberbürgermeister-Wahl 2008. Heute vor drei Jahren unterschrieb Dirk Elbers die Annahmeerklärung — der Anfang seiner sechsjährigen Amtszeit. Mit fast 60 Prozent war der CDU-Mann als Nachfolger des an Darmkrebs verstorbenen Joachim Erwins (ebenfalls CDU) gewählt worden.

Elbers’ überraschend gutes Ergebnis gegen SPD-Kontrahentin Karin Kortmann wurde letztlich seinem Vorgänger zugeschrieben, der polarisiert hat wie noch kein OB zuvor. Das hatte zwei Gründe: Zum einen war Erwin ein streitbarer Geist, der keine Hemmungen hatte anzuecken — und in seiner Art auch mal übers Ziel hinausschoss. Zum anderen war Erwin der erste OB, der nach der Reform der Kommunalverfassung ab 1999 auch Chef der Stadtverwaltung war. Eine völlig neue Rolle, und Erwin war der Erste, der sie in Düsseldorf ausfüllte.

Aus diesen Gründen wurde Elbers von Anfang an viel mehr als andere Funktionäre an seinem Vorgänger gemessen. Und zwar so sehr, dass es dem 51-Jährigen mittlerweile offensichtlich gegen den Strich geht. Schon mehrfach haben Beobachter registriert, dass Elbers auf explizite Vergleiche ungehalten reagiert.

Das mag daran liegen, dass auch das Verhältnis von Erwin zu Elbers, damals noch CDU-Fraktionschef, zum Schluss nicht mehr völlig ungetrübt war. Mit Sicherheit aber daran, dass sich Elbers an dem Programm abarbeiten muss, das Erwin angefangen hat. Der agierte in seinen letzten Jahren, genau genommen seit der Diagnose Darmkrebs 2003, manchmal wie ein Getriebener. Kö-Bogen, Wehrhahn-Linie, Quartier Central: Fast alle großen laufenden Bauprojekte wurden von Erwin unter Dach und Fach gebracht. Elbers Hauptaufgabe ist es, sie unfallfrei abzuwickeln. Hatte Erwin das Image des Machers, bleibt Elbers kaum mehr, als Vorgezeichnetes abzuarbeiten.

Dass dies bislang gelungen ist — vor allem bei der Vorbereitung des Groß-Projekts Kö-Bogens gab es durchaus auch kritische Phasen —, ist der wohl wichtigste Punkt auf seiner Habenseite.

Auf diese Seite der Bilanz gehört auch der erfolgreiche Widerstand gegen den Plan von Stadtwerke/EnBW, ein neues Kohlekraftwerk im Hafen zu bauen und stattdessen auf Gas zu setzen. Der dritte Pluspunkt ist die Akquise des ESC, der Düsseldorf europaweit Aufmerksamkeit brachte. Und schließlich steht Elbers für ein besseres Klima im Rathaus. Wo Erwin polarisierte, ist er meist verbindlich-freundlich.

Mit dieser Art kommt der gebürtige Düsseldorfer auch beim Wahlvolk gut an. Ob beim Brauchtum, inmitten von Kindern oder bei den Kleingärtnern — Elbers findet den richtigen Ton. Entsprechend viele Termine dieser Art finden sich in seinem Kalender. Schwerer tut er sich offenbar damit, hochrangige Vertreter aus Wirtschaft oder Kultur gezielt anzusprechen, um sie für die gemeinsame Sache zu gewinnen. Vor allem aus wirtschaftsnahen Kreisen ist zu hören, er fremdele bisweilen ein wenig im persönlichen Umgang. Auch in der Interaktion mit den Medien tut sich Elbers manchmal schwer, gelegentlich ist er arg dünnhäutig. Da werden Anfragen, wenn sie als Kritik aufgefasst werden, auch mal barsch abgebürstet.

Die Opposition wirft ihm vor, er agiere nicht, sondern reagiere nur. Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Aber das Bild vom gemütlichen „Obärbürgermeister Elbärs“ (Karnevalswagen im Rosenmontagszug 2009) passt — wenn vielleicht auch nur zufällig — zu Beschwerden, die innerhalb wie außerhalb der Verwaltung immer wieder zu hören sind, wonach das OB-Büro nicht gerade als entscheidungsfreudig gilt. Viele Entscheidungsprozesse würden unnötig lange dauern.

Dass sich beides nicht zu einem schlechten Image verfestigt, ist die Aufgabe von Elbers’ neuer Sprecherin. Seit Juni ist Natalia Fedossenko im Amt. Geschickt versucht sie, Elbers als agilen Macher zu inszenieren. Beobachter glauben indes, ihr Wirken müsse zwangsläufig mit dem von Elbers’ Büroleiter Frank Scholz kollidieren, der als dessen rechte Hand gilt — und als verantwortlich dafür, dass Teile des Erwin’schen Machtsystems im Rathaus unverändert fortgeführt werden.

Fazit: Große Fehler hat sich Elbers in seinen ersten drei Jahren nicht geleistet. Ob das reicht, um in drei Jahren sicher wiedergewählt zu werden, ist indes nicht sicher. Dazu sollte der Zwei-Meter-Mann wohl noch ein Schüppchen Engagement drauflegen.

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