Foto-Kunst: Obdachlose, wie Gott sie schuf

Claudia Rogge hat die Ärmsten der Armen zum Shooting eingeladen und Fotos der Göttlichen Komödie nachgestellt.

Düsseldorf. Claudia Rogge, Fotokünstlerin mit Hang zur Provokation, ist zu ihren Anfängen zurückgekehrt. 1999 hatte sie vor dem Carsch-Haus Polizei und Ordnungshüter auf Trab gebracht, als sie einen Müllcontainer erst mit Obdachlosen und dann mit blutigen Schweineköpfen füllte. Ihr Protest gegen die neue Straßensatzung, die Drogenabhängige aus der Fußgängerzone verbannt, war politisch und künstlerisch gemeint. Freitag holte sie sich abermals die Ärmsten der Armen zu Hilfe, doch die Aktion verlief ruhig, denn Claudia Rogge ist als Künstlerin reifer geworden.

Zwischen der letzten und der jetzigen Aktion liegen zwölf Jahre, in denen die Kommunikationswissenschaftlerin die Ästhetik ihrer Bilder in den Vordergrund stellt, ohne den Protest ganz aufzugeben. Seit einem Jahr arbeitet sie an ihrer Serie nach Dantes Göttlicher Komödie. Angelehnt an die barocke Malerei mit ihren dramatischen Themen von Wollust und Völlerei, Himmel und Hölle, gibt es auch auf ihren Bildern teuflische und himmlische Szenen. Die Statisten mussten sich nackt ablichten lassen. Sie sollten im Studio als Sündige, Reuige und Sehnsüchtige posieren. Vor allem für die Höllenszenen griff sie auf die Heimatlosen zurück.

Vor Beginn ihrer Arbeit erlaubten die Franziskaner unter Bruder Matthäus der Künstlerin, bei der monatlichen Vollversammlung im Kloster an der Oststraße dabei zu sein. Dort werden die Fifty-Fifty-Zeitungen ausgeteilt, dort nahm sie Kontakt mit den Heimatlosen auf und lud sie zum Shooting ein. Sehr sehr unsicher, sei sie gewesen, ob ihre Kandidaten kommen würden, die unter Drogenproblemen und Krankheiten leiden. Aber sie kamen. Beim ersten Treffen waren es 21, beim zweiten Treffen 25 Obdachlose. Der 39-jährige Armin gehörte dazu. Er freute sich, als er jetzt sein Konterfei auf einem Großfoto erkannte. „Ich war skeptisch, denn Nacktfotos liegen mir nicht. Aber Frau Rogge hat es gut hingekriegt. Ich habe trotz meiner kranken, verbundenen Füße gern mitgemacht.“

Nun hängen die Werke in der Fifty-Fifty-Galerie an der Jägerstraße 15. Es sind drei Großformate, die sie aus Hunderten von Einzelaufnahmen freigestellt und am Computer zusammengebaut hat, sowie 30 Kleinformate. Die Bilder bei Fifty-Fifty sind allesamt ihr Geschenk an die Franziskaner, die ihre achte Wohnimmobilie für die Obdachlosen ausbauen wollen, diesmal am Rather Broich. Auf dass die „Hölle auf Erden“ für die Armen etwas erträglicher werde. Ihre „schönen Menschen“ aber zeigt Claudia Rogge in der Galerie Voss an der Mühlengasse 3. Zur Vernissage am 9. September, 19 Uhr, will sie vor dem Eingang eine Himmelstreppe errichten, über die die Besucher steigen müssen.

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