Gründer Düsseldorfer Korktaschen – aus dem Jugendzimmer in die weite Welt

Düsseldorf · Björn Sperling hat zu Hause angefangen, Rucksäcke aus Kork zu nähen. Inzwischen lässt er sie fertigen – sonst käme er nicht mehr hinterher.

 Björn Sperling mit zwei Rücksäcken in seinem Kinderzimmer. Der linke ist der allererste, den er einst für seine Freundin genäht hat. Und zwar an der 60 Jahre alten Nähmaschine, die er bis heute für alles benutzt.

Björn Sperling mit zwei Rücksäcken in seinem Kinderzimmer. Der linke ist der allererste, den er einst für seine Freundin genäht hat. Und zwar an der 60 Jahre alten Nähmaschine, die er bis heute für alles benutzt.

Foto: Carolin Scholz

Als die erste Lieferung frisch genähter Rucksäcke per Lkw gebracht wurde, war die Freude im Firmensitz von Björn Sperlings Unternehmen groß. Wobei „Firmensitz“ falsche Erwartungen wecken könnte: Denn der Hauptsitz seiner „Sperling Bags“ ist im Dachgeschoss seines Elternhauses, mitten im Wohngebiet in Wülfrath. An einer alten Nähmaschine in seinem Zimmer hat er 2016 den ersten Rucksack genäht. Was zuerst nur ein Geschenk für seine Freundin war, gibt es mittlerweile in Serie.

Die „Sperling Bags“ sind nicht Björn Sperlings erstes Projekt. Schon während der Abi-Zeit hat er oben an der alten Maschine Taschen genäht – die „Bjöspers“, damals noch aus kaputten Surf-Kites. Zum Beginn des Studiums habe sich Freundin Katharina dann aber auch eine Tasche gewünscht, nicht so eine knallbunte, sondern eine, die ein bisschen mehr hermacht. Leder kam für sie aber nicht in Frage – doch hatte sie mal von Taschen aus Kork gehört, die nachhaltiger seien und ohne Tierisches auskommen.

Kork lässt sich sehr vielseitig einsetzen und verwenden

Zum Material: „Wer Kork hört, denkt erstmal an Pinnwand oder Fußboden“, sagt der 25-jährige Björn Sperling. Das Material, das er für die Böden seiner Rucksäcke verwendet, ist aber ganz weich und flexibel, wird immer wieder auch als „veganes Leder“ bezeichnet. Nachhaltig und schön – das war ihm von Anfang an wichtig. Der obere Teil der Rucksäcke ist aus robuster Baumwolle und in unterschiedlichen Farben erhältlich. Die Rucksäcke, die es mittlerweile seit einem Jahr über den Onlineshop und einzelne Geschäfte zu kaufen gibt, sehen dem ersten noch ähnlich, sind aber überarbeitet worden.

Denn diesmal wollte Sperling das Ganze professioneller angehen. Für einen richtigen Onlineshop konnte er nicht wie früher auf Bestellung jede einzelne Tasche oben in seinem Zimmer zusammennähen. Es musste eine Produktionsfirma her. „Wir sind viel herumgereist und haben uns verschiedene Firmen angeguckt“, sagt er. Die Wahl sei schließlich auf ein indisches Unternehmen gefallen. „Da gucken erstmal alle auf, wenn ich das sage“, räumt er sofort ein.

Diese Entscheidung sei aber bewusst gefallen. Die Firma biete ihren Mitarbeitern vernünftige Arbeitsbedingungen, sei keine Massennäherei, wie sie oft aus den Medien bekannt sei. Mit der Chefin stehe er persönlich in Kontakt, pflege fast ein freundschaftliches Verhältnis. Auch die Näher kenne er. Bei jedem Rucksack, der von dort komme, wisse er, wer ihn gemacht hat, welche Geschichte die Menschen haben. „Wir wollten bewusst dort ein Unternehmen unterstützen, das es anders macht, als die anderen“, sagt er. Vielleicht ziehen andere dann irgendwann nach – so der Gedanke.

Website, Produktion, Vermarktung – all das entstand vor einem guten Jahr. Besonders durch Messebesuche habe der Verkauf der Rucksäcke Aufwind bekommen. In Zukunft sollen noch mehr Produkte hinzukommen, Portemonnaies, Laptop-Taschen, Schlüsselanhänger, kleinere Täschchen. Der Rucksack kostet aktuell 169 Euro, die anderen Produkte sind etwas günstiger. Denn obwohl Kork das „vegane Leder“ ist, kostet es den Produzenten nicht weniger als das echte.

Wenn er heute noch selber näht, dann nach wie vor nur mit der 60 Jahre alten Maschine, die er von Anfang an benutzt hat und die noch heute in seinem Zimmer steht. „Die neuen Maschinen packen den dicken Kork einfach nicht“, sagt er.

Gerade einmal 25 Jahre alt und schon das zweite Unternehmen. „Ich bin schon wirtschaftlich orientiert“, sagt der Maschinenbau-Student. Mit drei Brüdern habe er seine Eltern entlasten wollen, nicht darauf gehofft, von ihnen das Studium finanziert zu bekommen. „Das hier ist eben kein typischer Studentenjob.“ Mit seinen Taschen kann er momentan alles finanzieren, was er braucht – allerdings wohnt er auch noch Zuhause.

Dass die Website „Designed in Düsseldorf“ angibt, Sperling aber in Wülfrath lebt und arbeitet, hat verschiedene Gründe. Zum einen fühle er sich mit Düsseldorf verbunden, sei es doch in seiner Jugend und auch jetzt immer die erste Anlaufstelle gewesen, wenn man die Kleinstadt mal verlassen wollte. „Designed in Düsseldorf stimmt aber auch tatsächlich – vieles in der Entwicklung der Taschen ist in Düsseldorf entstanden.“ Außerdem kenne man außerhalb von NRW Düsseldorf natürlich eher als Wülfrath – der Ruf als Modestadt könne einem Taschenlabel natürlich auch nicht schaden.

Die Firmenzentrale im Jugendzimmer ist übrigens eine bewusste Wahl. „Man weiß ja nie, wie es läuft. Da wollte ich nicht direkt ein Büro anmieten und noch mehr Geld ausgeben“, sagt Björn Sperling. Momentan schreibt er an seiner Bachelorarbeit, danach will er Vollzeit selbstständig in seiner Firma arbeiten.

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