Die Friedrichstadt-Connection

Theater: Zum Abschluss der Serie werden die kleinsten Bühnen der Stadt vorgestellt – von Comedy bis Klassik.

Düsseldorf. Im Umkreis weniger Kilometer liegen vier kleine Theater, die trotz ihrer begrenzten Möglichkeiten ein Programm auf die Beine stellen, das im Stadtteil ankommt. Die Friedrichstadt-Connection bietet Kabarett, griechische Klassik und Poesie für Kinder.

Serafin Stolte wohnt gleich hinter den Kulissen. Ihre Räume grenzen an einen ehemaligen Waschsalon, aus dem sie vor sechs Jahren eines der kleinsten Theater Düsseldorfs gemacht hat. 30 Quadratmeter misst das Ladenlokal an der Morsestraße 17. Andere haben einen Hobbykeller, Serafin Stolte das Theater Sonettatt. Und das ist für die 33-Jährige mehr als nur ein Hobby. Es ist ihr Lebensinhalt geworden. "Wenn ich Theater mache, merke ich, dass ich lebe."

Trotz Zuschüssen aus Kulturtöpfen der Stadt muss sie nebenbei freiberuflich für Kulturhäuser arbeiten. Die Zeit, die ihr bleibt, investiert sie in ihr eigenes Theater, schreibt Stücke, probt, baut Bühnenbilder und tritt auf. Mal in einem Ensemble, mal alleine, wie in ihrem ersten Stück. In acht Rollen ist sie in "Komm in mein Irrenhaus" geschlüpft.

Zu ihrem größten Erfolg zählt sie das Stück "Der einbeinige Engel". Zu acht Aufführungen kamen jeweils rund 20 Besucher. Viele von ihnen sind Stammgäste. "Das Sonettatt ist nicht nur ein Theater, sondern auch ein Treffpunkt, eine offene Plattform für kulturellen Austausch."

Zu diesem Motto passte beispielsweise der erste Kunstgipfel der Friedrichstadt, der Ende vergangenen Jahres über die Bühne des Theaters ging. Woche für Woche haben sich Künstler wie Klaus Klinger von Farbfieber oder Beuys-Schüler Fritz Wegeleben quasi selbst ausgestellt und konnten bei ihrer Arbeit beobachtet werden. Im wahrsten Sinne des Wortes wird das Sonettatt so zu einem Schaufenster für die Kunst.

Portugiesisch für den Magen, Retro für den Geschmack und nun noch Comedy fürs Gemüt - mit dieser Mischung tritt Charles Lorenz am Fürstenplatz an sein Publikum heran. Er ist Chef der Bar Apartment, die neben Essen auch Kleinkunst bietet: anfangs Lesungen und Filmabende, seit August auch Shows mit Comedians.

"Ich glaube fest an das Quartiersding", sagt Lorenz, dessen Bühne nicht mehr als zwei bis drei Quadratmeter misst. "Der Humor, der auf der Bühne stattfindet, ist nichts anderes als das, was den Menschen im Café passiert", meint Lorenz. "Es wird eben nur noch einmal erzählt."

Drei Künstler bestreiten (bislang) einmal monatlich das Programm. Monique Placzek, die vor zweieinhalb Jahren die Künstleragentur Moma Artists eröffnet hat, wählt sie aus. "Ich versuche einen Mix aus Standup, Kabarett, mit oder ohne Musik", sagt die 32-Jährige, die als Kind Otto gut fand und sich später über Comedy-Shows amüsiert hat.

An die 90 Zuschauer passen ins Apartment, wenn es zum Bezirkstheater wird, Stühle und Tische weg-, Bühne und Bänke eingeräumt werden. Kabarettist Jens Neutag ist hier schon aufgetreten, Jens Heinrich Claassen war im Oktober zu Gast. Der Eintritt kostet zwölf Euro. Lohnt sich das? "Danach darf man nicht fragen", sagt Lorenz. "Wir finanzieren uns über Eintritt und Engagement."

Für Comedian Mario Barth war das Takelgarn genauso eine Anfangsstation wie für seine Kollegen Hennes Bender oder Bernhard Hoecker. Und obwohl sie heute locker große Hallen oder Theatersäle füllen, kommen viele der Künstler noch gerne nach Friedrichstadt. "Das liegt auch daran, dass sie bei uns alle Wünsche von den Augen abgelesen bekommen, und sich in der familiären Atmosphäre hinter den Kulissen wohlfühlen", sagt Volker Peters, der als Rentner ehrenamtlich das Theater unterstützt und sich um die Künstlerakquise kümmert.

Wichtig ist für Theaterchef Helge Neuber, die perfekte Mischung aus etablierten Künstlern und Newcomern hinzubekommen. "Wir haben hier auch immer wieder Künstler aus dem Stadtteil, die sich vorstellen. Und wenn es passt, bekommen sie ihre Chance", sagt Neuber.

Der Name des Theaters verweist auf dessen Ursprung. Denn mit Takelgarn bezeichnen die Seefahrer einen besonders strapazierfähigen Faden, den auch Marionettenspieler für ihre Puppen schätzen. "Ich bekam als Kind ein Puppentheater geschenkt - das war der Grundstock für ein Puppenstück, das ich damals als Jugendwart des Wasser-Sport-Vereins bei einer Weihnachtsfeier aufführen wollte."

Später tourte der Düsseldorfer mit seiner mobilen Bühne durch ganz Deutschland und spielte für Kinder und Erwachsene. Die Räume an der Philipp-Reis-Straße nutzte Neuber zu Beginn nur für Proben und als Werkstatt. 1990 entstand dort ein richtiges Theater, in dem bald neben den Puppen auch Menschen aus Fleisch und Blut auftraten. "Wir zeigen alles, was auf 24 Quadratmeter passt", sagt Neuber. Neben Musiktheater, Zauberei und klassischen Stücken wie "König Ödipus" oder "Kassandra" sind das vor allem Künstler aus Kabarett und Comedy.

Ein Wohnzimmer an der Helmholtzstraße war für Software-Entwickler Cornelius Kabus und den Theaterpädagogen Lars Evers die erste Bühne, auf der sie ihr Improvisationstheater einem Publikum zeigen konnten. Auch heute noch erinnern die vier Sofas in der ersten Reihe an die Anfangszeit der Theaterfabrik, die inzwischen an der Luisenstraße neue, größere Räume in einer ehemaligen WG gefunden hat.

Die bescheidenen Bedingungen machen den Theaterleuten nichts aus, im Gegenteil. Kabus hält es für wichtig, die Kosten für die Theaterfabrik selbst stemmen zu können, um nicht in die Abhängigkeit von Fördermitteln zu geraten.

Die Fabrik im Namen ist übrigens Programm, Kabus: "Unser Theater ist eine Denkfabrik, die auf der Bühne zeigt, wie ein Stück entwickelt wird. Die meisten Stücke hat das Duo selbst entwickelt. "Inzwischen nehmen wir auch Inhalte anderer Autoren auf, gehen aber spielerisch an diese heran." So zum Beispiel im Fall der Nibelungen-Sage, wo einzelne Szenen wie die Schlacht von Siegfried gegen die Sachsen zum Videospiel werden.

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