Bruder Matthäus sagt Adieu

Viele Weggefährten verabschiedeten den 74-Jährigen, der sein Leben den Ausgegrenzten widmete und die Obdachlosenhilfe neu dachte. Deutliche Worte findet er für den Finanzskandal.

Bruder Matthäus sagt Adieu
Foto: Sergej Lepke

Nach 52 Jahren ist Schluss. Diese lange Zeit seines Lebens hat Bruder Matthäus in der Ordensgemeinschaft der Armen-Brüder des Heiligen Franziskus den Alten, Suchtkranken und vor allem Obdachlosen in Düsseldorf gewidmet und für ihre gesellschaftliche Anerkennung gekämpft. „Diese Ära geht nun zu Ende“, sagte Domkapitular und Weihbischof Ansgar Puff gestern beim Abschiedsgottesdienst für den 74-Jährigen in der Kapelle am Rather Broich 155, der bisherigen Adresse der Ordensgemeinschaft.

Viele Besucher fanden nur noch Stehplätze zwischen und hinter den Sitzreihen, was zeigt, welche Bedeutung der Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Friedenspreises der Stadt Düsseldorf für viele Menschen in der Stadt hatte. „Viele haben heute das Bedürfnis, danke zu sagen“, kommentierte das Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke in ihrer Rede nach dem Gottesdienst.

Es falle ihr außerordentlich schwer, Adieu zu sagen, da die Ordensgemeinschaft 85 Jahre lang „segensreiche Spuren in der Stadt hinterlassen hat“. Vor allem Bruder Matthäus werde aufgrund seines Dienstes am Menschen „unvergessen bleiben“.

Mit dem Rückzug von Bruder Matthäus und Bruder Wendelin ins Mutterhaus nach Aachen sind aufgrund von Nachwuchsmangel auch die Armen Brüder in Düsseldorf Geschichte. Das mittlerweile von 250 Mitarbeitern getragene soziale Netzwerk wird aber weiter bestehen. Der Verein des Sozialwerks der Armen Brüder, das Bruder Matthäus seit 1976 leitete, geht in die Stiftung Franziskanische Stiftung Johannes Höver über, die den Namen Franzfreunde tragen wird.

„Neben diesem überwältigenden Abschied und den vielen Lobhudeleien macht mir vor allem diese Aussicht den Umzug leichter“, sagte Bruder Matthäus im Anschluss der WZ. Und diese neuen Strukturen seien nicht nur aufgrund des Nachwuchsmangels im Orden notwendig geworden, sondern auch aufgrund des „Finanzdebakels“, wie er es nennt. Die Stiftungsorganisation sehe nun deutlich bessere Kontrollmechanismen vor, als die veraltete Vereinsstruktur.

7,2 Millionen Euro hatten die Armen Brüder 2013 bei riskanten Geldanlagegeschäften verloren, wofür Bruder Matthäus deutliche Worte findet. „Das war bekloppt. Und ich habe meine Kontrollaufgabe nicht richtig wahrgenommen.“ Das habe ihn auch persönlich sehr belastet. Zudem fehle nun Geld für die Modernisierung von drei Häusern, in denen Obdachlose leben. Auch zwischenmenschlich hat der Finanzskandal Spuren hinterlassen: Das Zerwürfnis mit Hubert Ostendorf, mit dem er Fifty-Fifty aus der Taufe gehoben hatte, besteht fort. Auch, weil aufgrund finanzieller Sorgen, ein Haus für Obdachlose verkauft wurde.

Trotz dieses Kapitels in einer Geschichte von mehr als einem Jahrhundert Hilfsarbeit blickt Bruder Matthäus insgesamt „mit Freude und Stolz“ auf die Zeit zurück. Am wichtigsten sei ihm immer gewesen, „die Obdachlosen zurück in die Mitte der Gesellschaft zu holen, ihre Fähigkeiten zu sehen und für mehr Akzeptanz dieser Gruppe zu werben“. Das sei gelungen, vor allem mit den entstandenen Einrichtungen und Wohnungen, wo sich Obdachlose willkommen fühlten und nicht an den Rand gedrängt.

Mit Blick auf den Ruhestand sagt Bruder Matthäus nun allerdings auch: „Jetzt ist es mal an der Zeit, nicht nur anderen, sondern auch mehr mir selber beizustehen.“

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