Lambertsmühle: Mit Zipfelmütze wie zu Müllers Zeiten

Die Lambertsmühle bietet den Besuchern Schutz vor dem Pfingstregen.

Burscheid. Der Teich oberhalb der Lambertsmühle war bereits randvoll, trotzdem wurde am zweiten Pfingsttag noch eine reichliche Wassermenge von oben nachgeliefert. So war dieser bundesweite Mühlentag einer der wenigen, bei dem die Besucher lieber im geschützten Saal saßen als draußen im Grünen.

Trotzdem kletterten um 11 Uhr bereits viele Besucher die steile Treppe empor zur Vorführung und gerafften Information über den Mahlvorgang. Klaus Hopstätter mit weißer Zipfelmütze gab Befehl — und das Schott zum oberschächtigen Mühlrad öffnete sich und das große Schaufelrad hinter der Mühle setzte sich in Bewegung.

Was Hopstätter seinen Zuhörern vom Schärfen der Riesensteine erzählte, enthielt auch ein unerwartetes Detail. Arbeiter einer Spezialfirma fanden 2002 in einer Bodenritze ein Dokument aus dem Jahr 1935. Darauf hatte Steinschleifer Paul Prüfer seinen Stundenaufwand notiert mit dem Zusatz: „In Berlin soll es ein Juden-Pogrom gegeben haben.“

Was an Korn aus dem Mahltrichter zwischen Boden- und Läuferstein fiel, kam eine Etage tiefer als feiner Schrot heraus. Für manchen Erwachsenen und die staunenden Kinder war dieser Vorgang wirkliches Neuland. Das Schrotmehl wanderte direkt zu den Bäckern im großen Festraum.

Dort schob Bäckermeister Kretzer gerade wieder ein Blech mit „Seelen-Broten“ in den historischen Backofen. Diese Art Brotstangen bekamen die Arbeiter vor rund hundert Jahren zum Ende ihres Dienstjahres am Allerseelentag als schmackhafte Zugabe zur Lohnabrechnung. So schnell, wie die Besucher nach Früchtebrot und anderen Spezialitäten verlangten, konnte der Ofen kaum arbeiten.

Vor der Mühle war eine rund 90 Jahre alte Dreschmaschine aufgebaut. Wie damals die Ähren in Körner, Stroh und „Kaaf“ getrennt wurden, führte auf die Schnelle Franz-Josef Schmitz vor, selbst Landwirtssohn und Kenner der Szene. „Kaaf“, die Korn-spelzen, wurde über den Lagervorrat an Futterrüben gestreut.

Weil die Musiker des Sextetts L(a) capella anwesend waren, gab es ein spontanes Ständchen der Sänger um Lothar Romanowski. Die kabarettistische Feststellung: „Wasser ist zum Waschen da“ bekam sogar noch eine mühlenbezogene Strophe. Dazu drehte sich auch Klein-Sophie an den Händen ihrer Mama zum Tanz.

Für den Nachmittag war eine Besuchergruppe mit rund 50 Mitgliedern avisiert. Die Teilnehmer unternahmen eine Rundfahrt zu vielen Mühlen links und rechts des Rheins. Die Lambertsmühle war als Schlusspunkt eingeplant. Fördervereinsvorsitzender Armin Busch ließ sich eine elegante Lösung einfallen und funktionierte den oberen Raum der Mühle als Gaststube um.

Wer in all dem Trubel eine stille Ecke zum Reden suchte, hatte es auch nicht weit: Er musste nur die steile Treppe zu „Lauterbachs Keller“ hinuntersteigen — und schon war ein Ort gefunden für ein Glas Wein unter dem alten Deckengewölbe. urs

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