Wenn nachts das Rotlicht erlischt

Das Abschalten von Ampeln in Städten ist gefährlich.

Nachts an der roten Ampel, da empfinden Autofahrer Sekunden wie Minuten. Vor allem, wenn sie nicht einsehen, warum sie stehenbleiben müssen, obwohl weit und breit keine anderen Autos, Radfahrer oder Fußgänger in Sicht sind. In dieser Situation ist der Reflex logisch, nach einer konsequenten nächtlichen Abschaltung zu rufen. Und nach kurzem Nachdenken fallen einem eine Reihe Argumente ein: Die Anwohner werden nicht vom Lärm quietschender Bremsen, von im Stand laufenden Motoren und von Anfahrgeräuschen im Schlaf gestört.

Man selbst spart Zeit und Treibstoff. Die Luft wird weniger verpestet, und die ausgeschalteten Ampeln brauchen auch noch weniger Strom. Außerdem sinkt der Respekt vor Rotlicht, weil so mancher nach einer Wartezeit im Irrglauben oder Wunschdenken, die Ampel sei kaputt, einfach losfährt. Klingt alles logisch.Offenbar haben solche Gedanken einige Städte derart beeindruckt, dass sie womöglich über das Ziel hinausschossen. So scheint sich Duisburg den inoffiziellen Titel "Hauptstadt der Ampelabschaltung" verdienen zu wollen, indem dort zwei Drittel der 533 Ampeln nachts dunkel bleiben beziehungsweise auf gelbes Blinklicht umgestellt werden. Da das aber womöglich weniger vom Streben nach einer sinnvollen Verkehrssteuerung, sondern vom Wunsch nach Strom- und Kostensparen getrieben ist, sehen Verkehrsexperten diese Abschalte-Praxis kritisch.

Sie behaupten, die Zahl der Unfälle würde steigen. Und wenn es kracht, dann handle es sich nicht nur um kleine Blechschäden, sondern um richtig schwere Karambolagen. Auch das klingt logisch.Der goldene Mittelweg zwischen den beiden Positionen kann nur in einer verantwortungsvollen Betrachtung jedes einzelnen Falles liegen. So können Fußgängerampeln vor Kindergärten nachts gefahrlos dunkel bleiben, an unübersichtlichen Kreuzungen eher nicht.Und wenn einzelne Städte das Thema zu lax handhaben sollten, darf der Staat ruhig sein Recht nutzen und das Wiederanschalten anordnen. Noch besser wäre es, stets zwei weitere Möglichkeiten zu prüfen: entweder eine sogenannte intelligente verkehrsabhängige Signalsteuerung verwenden, oder mehr Kreisverkehre bauen. Beides würde allerdings Mehrkosten bedeuten.

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