G20: Die Kanzlerin sitzt am längeren Hebel

Das verheißt nichts Gutes. Gleich zum Auftakt des G20-Gipfels in Seoul lagen sich US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Haaren.

Obama wollte, dass die Deutschen ihren enormen Überschuss im Außenhandel herunterfahren. Merkel jedoch wies völlig zu Recht darauf hin, dass das Ansinnen der Amerikaner exakt gegen jene marktwirtschaftlichen Grundsätze verstößt, für die sich die USA in der Regel doch immer stark machen.

Folgerichtig ließ Merkel den US-Präsidenten abblitzen. Denn die selbstbewusst auftretende Kanzlerin sitzt eindeutig am längeren Hebel.

Stolz kann sie auf die Erfolge der deutschen Wirtschaft verweisen, die als erste unter den führenden Industrienationen die Weltrezession überwunden hat.

Obama hingegen sieht sich mit einer gänzlich anderen Situation konfrontiert. Die US-Staatsschulden eilen von einem Rekord zum nächsten, die Zinsen liegen seit fast zwei Jahren bei Null, und trotzdem kommt die Konjunkturlok USA nicht richtig ins Rollen.

Teure Ausgabenprogramme sind ebenso wirkungslos verpufft wie jene Massen an Bargeld, mit der die Notenbank die Märkte überschwemmt hat und sich damit berechtigter Kritik aus aller Welt aussetzt.

Was die Konjunkturbelebung angeht, ist Obama mit seinem Latein am Ende. Nun stellt er Deutschland an den Pranger und verlangt vom Export-Vizeweltmeister, dass er mehr unternimmt, um Produkten "Made in the USA" bessere Chancen auf dem deutschen Markt zu geben.

Sicherlich liegt es auch im Interesse der Europäer, dass die weltgrößte Volkswirtschaft wieder in Fahrt kommt. Doch Obama hat den falschen Ansatz gewählt.

Deutschland und anderen Überschussländern Leistungsbilanzziele vorschreiben zu wollen, ist ein Verzweiflungsakt. Zu befürchten ist nun, dass die USA in Protektionismus zurückfallen. Dann aber würden die Spannungen weiter zunehmen. Sollten nämlich Regierung und Kongress beginnen, die Märkte abzuschotten, dann wären auch deutsche Exporteure betroffen.

Statt Deutschland und Europa ins Visier zu nehmen, sollte Obama sich vorrangig auf China konzentrieren, das seine Währung künstlich niedrig hält und damit der eigenen Ausfuhrwirtschaft unfaire Wettbewerbsvorteile verschafft.

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