Koalitionspoker Welche Macht Grüne und FDP im Moment haben

Meinung | Düsseldorf · Nicht SPD und Union, sondern Grüne und FDP bestimmen bei der Koalitionsfrage, wo es lang geht.

 Annalena Baerbock (Grüne)  und Christian Lindner (FDP) haben gute Ergebnisse bei der Bundestagswahl 2021 geholt. Jetzt sind sie am Zug.

Annalena Baerbock (Grüne)  und Christian Lindner (FDP) haben gute Ergebnisse bei der Bundestagswahl 2021 geholt. Jetzt sind sie am Zug.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Die Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme abgegeben, jetzt sollen die Gewählten was daraus machen. Aber was? Eine Fortsetzung der Groko? Bloß das nicht. Bleibt also: einer der beiden ehemals Großen im Zusammenspiel mit Grünen und FDP. Zwar steht die SPD auf Platz eins, worin SPD-Chef Norbert Walter-Borjans ein „moralisches Recht“ sieht, dass sie den Kanzler stellt. Aber das Wahlsystem ist nun mal so, dass auch der Zweite zusammen mit Bündnispartnern die Nase vorn haben kann. Auch wenn sich das angesichts der historischen Niederlage der CDU kaum als der wahre Wählerwille interpretieren lässt.

Bemerkenswert ist in dieser Situation, dass SPD und CDU nun gar nicht das Heft des Handelns in der Hand haben. Selbstbewusst sagt FDP-Chef Lindner, man wolle zunächst mit den Grünen reden, „um alles, was danach kommt, zu strukturieren“. Heißt: Wir knüpfen erst einmal zusammen die Leine. Und legen sie dann demjenigen Hund um den Hals, der sich als der bravere erweist. Was dabei ermutigend ist: FDP und Grüne konnten die meisten Jungwähler für sich begeistern. Deren Stimme bekommt also Gewicht. Gut so. Es ist ja ihre Zukunft.

Mit Blick auf einen Verhandlungspartner Union können die beiden Kleinen dabei mit reichlich Selbstbewusstsein zu Werke gehen. Denn Armin Laschets eigene politische Zukunft hängt davon ab, dass er auf viele Forderungen eingeht, um ein solches schwarz-gelb-grünes  Bündnis zu führen. Denkbar ist freilich auch, dass die Union einsieht, dass ihr Sinkflug in einem solchen Jamaika-Bündnis mit weiterem Profilverlust nur fortgesetzt würde. Und sie vielleicht doch besser in die Opposition ginge, um sich dort programmatisch und personell zu erneuern. Die SPD dürfte von ihrem Wahlsieg, wenn man die Zahlen mit den Erwartungen vor wenigen Monaten vergleicht, selbst am meisten überrascht sein. Eben deshalb könnte sie kompromissbereit sein, Grün und Gelb Zugeständnisse zu machen. Um das unverhoffte Glück nicht wieder zu verspielen. Hin wie her – Grüne und FDP sind in einer starken Position. Wenn sie sich selbst einig sind.

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