Landesregierung Wie geht es nach Laschets Wahlniederlage in NRW weiter?

Die Tage von Armin Laschet als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen sind gezählt. Die Landes-CDU muss sich nach dem Debakel des Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl neu aufstellen.

 Unions Kanzlerkandidat Armin Laschet hat ein schlechtes Ergebnis eingefahren. Kommt er jetzt zurück nach NRW?

Unions Kanzlerkandidat Armin Laschet hat ein schlechtes Ergebnis eingefahren. Kommt er jetzt zurück nach NRW?

Foto: dpa/Michael Kappeler

Kanzlerkandidat Armin Laschet hat der CDU in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen bei der Bundestagswahl keinen Heimvorteil beschert. Im Gegenteil: Nicht nur bundesweit, sondern auch im bevölkerungsreichsten Bundesland stürzte die CDU auf Platz zwei hinter der SPD ab. Die CDU verlor wichtige Direktmandate, und die NRW-Landesgruppe im Bundestag wird kleiner.

In knapp acht Monaten steht die Landtagswahl in NRW an - der Landes-CDU bleibt nicht mehr viel Zeit, sich neu aufzustellen, um im Mai 2022 das Amt des Ministerpräsidenten zu verteidigen. Mit der Wahlniederlage und dem gewonnenen Bundestagsmandat dürfte sich für Laschet die Frage eines Rückfahrtickets nun endgültig erledigt haben.

Die NRW-CDU rief noch am Wahlabend zum Landtagswahlkampf auf. Aus den Fehlern des Wahlkampfes im Bund will sie Konsequenzen ziehen. Die erste Lehre: Die Partei will einen zerfleischenden Machtkampf, wie ihn sich CSU-Chef Markus Söder und Laschet um die Kanzlerkandidatur geliefert hatten, vermeiden. „Die sicherste Gewähr, um abgestraft zu werden, ist, sich zu streiten“, mahnte der populäre Landesinnenminister Herbert Reul auf WDR 2. Reul ist zwar schon 69 Jahre alt, aber eines der wenigen bekannten Gesichter des Landeskabinetts. Und mit ihm ist noch zu rechnen: Er bewirbt sich im Mai 2022 um ein Landtagsmandat.

Für die Nachfolge Laschets als Ministerpräsident gibt es bisher zwei Aspiranten, die allerdings noch nicht offiziell ihren Hut in den Ring geworfen haben: Landesverkehrsminister Hendrik Wüst und Bauministerin Ina Scharrenbach. Wüst hat die bessere Startposition, da er das in der NRW-Landesverfassung vorgeschriebene Landtagsmandat besitzt, um schon in Kürze zum Ministerpräsidenten gewählt werden zu können.

Scharrenbach hat kein Mandat. Sollte sie CDU-Spitzenkandidatin werden, müsste bis zur Landtagswahl im Mai zunächst eine Zwischenlösung gefunden werden. Der Politologe Stefan Marschall meint: „Von der Strategie her ist es einfach besser, mit einem Amtsinhaber ins Rennen zu gehen.“ Damit würde die Machtfrage auf Wüst hinauslaufen. Auch in der CDU-Spitze wurden am Wahlabend Stimmen pro Wüst laut.

Scharrenbach ruft wie auch andere Kabinettsmitglieder zum Konsens auf. „Jede Personaldiskussion bedeutet letztendlich auch Unruhe in der Partei“, sagt sie noch am Wahlabend. Die CDU NRW habe Erfahrung mit Streit. „Das wollen wir halt nicht.“ Für die Partei komme es letztlich immer darauf an: „Mit wem gewinnen wir die Landtagswahl im Mai?“

Wüst (46) ist ebenso wie Scharrenbach (44) zwar jung. Beide würden für einen Generationswechsel stehen. Aber beide Politiker sind auch relativ unbekannt im Land. Ein Amtsinhaber könnte sich bis zur Wahl noch etablieren und bekannt machen. NRW übernimmt am 1. Oktober die Leitung der Ministerpräsidentenkonferenz - für den Regierungschef ist das eine Bühne, um auch bundesweit bekannter zu werden.

Zeit für eine lange Hängepartie habe die schwarz-gelbe Landesregierung auch wegen der Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Milliarden-Flutschäden nicht, sagt SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty. „Da können wir uns nicht erlauben, eine lange Wackelpartie zu haben, wer nachfolgen soll.“

Für einen Amtsinhaber, der für die CDU in den Landtagswahlkampf zieht, spricht aus Expertensicht auch die zweite Negativ-Erfahrung aus dem Bundestagswahlkampf. So hatte Laschet im Schatten der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Wahlkampf führen müssen. „Wenn die CDU NRW sich das anschaut, wird sie vielleicht erkennen, dass man so eine Parallelstruktur machtstrategisch nicht anstreben sollte“, sagt Marschall. Es sei „machtpolitisch schon fast zwingend“, dass Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt verbunden würden.

Führende CDU-Politiker gehen davon aus, dass zunächst der Landesparteitag am 23. Oktober in Bielefeld die Nachfolge für Landesparteichef Laschet und die Spitzenkandidatur klären wird. Danach werde der Landtag den neuen Ministerpräsidenten wählen. Da die CDU/FDP-Koalition nur eine Stimme Mehrheit hat, kommt es auch auf die Liberalen an.

In der CDU-Spitze verweisen sie darauf, dass immer Laschet der verbindende Faktor zu den Liberalen gewesen sei. Dahinter steht die Frage, ob ein möglicher Ministerpräsident Wüst, der in seiner politischen Vergangenheit als durchaus rabiater CDU-Generalsekretär auffiel, dieses Fingerspitzengefühl aufbringen könnte.

Das Ergebnis der Bundestagswahl lässt auch für NRW die Option einer künftigen Ampel aus SPD, Grünen und FDP denkbar erscheinen. Die Grünen erheben bereits den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung - und senden Signale in Richtung FDP aus. Mit der FDP habe es „maximale Gegensätze in der Vergangenheit“ gegeben, sagt Grünen-Landesparteichefin Mona Neubaur, die auch als Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl gehandelt wird. Bei einer liberalen und offenen Gesellschaft sowie selbstbestimmten Lebensweise könnten sich Grüne und FDP aber „gut treffen“.

Die SPD in NRW hat ihre Führungsstreit seit Monaten geklärt und Kutschaty zum Parteichef und Spitzenkandidaten gewählt. Seit 2017 ging es für die SPD in ihrem einstigen Stammland nur noch nach unten. Nun liegt sie bei der Bundestagswahl mit 29,1 Prozent vor der CDU, die auf 26 Prozent kam. „Ein ganz maßgeblicher Erfolg war, dass wir eine Geschlossenheit in der SPD hatten“, sagt Kutschaty. Und das sei auch auf der Landesebene zu erleben.

(dpa)
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