McLaren P1: Der Elektro-Schock

Berlin (dpa-infocom) - Von 0 auf 300 in 16,5 Sekunden, bis zu 916 PS und mindestens 1 067 000 Euro - nein, die Rede ist nicht von einem Privatjet und auch nicht von einem Rennwagen, sondern von einem Hybridauto: dem neuen McLaren P1.

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Dieses Gefühl erlebt man nicht einmal in einem Formel-1-Rennwagen: Man fährt mit Vollgas auf einer langen Geraden, im Heck tobt ein V8-Motor mit 542 kW/737 PS und bis zu 720 Nm. Und wenn man glaubt, die Raserei lässt sich wirklich nicht mehr steigern, dann katapultiert einen ein schlichter roter Knopf im Lenkrad des neuen McLaren P1 in eine andere Dimension.

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Wenn das Blut gefriert

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Der Tiefflieger macht noch einmal einen gewaltigen Satz, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt: Von 0 auf 300 in 16,5 Sekunden und bei 350 km/h nur wegen eines kleinen Rests Vernunft und Verantwortung abgeriegelt - ein Start im Düsenjäger könnte nicht eindrucksvoller sein.

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Was sich anfühlt, wie der Nachbrenner eines Raumschiffs, ist kein Lader und keine Lachgaseinspritzung. Dieses ganz und gar außerirdische Gefühl rührt von einem Elektromotor, den man wie ein Formel-1-Fahrer sein KERS-System zuschalten kann. Allerdings nicht nur für ein oder zwei, sondern für bis zu 30 Sekunden. Und nicht mit 60 kW/82 PS, sondern mit 132 kW/179 PS. Das ist ein Elektroschock, wie er spektakulärer kaum sein könnte - und wie es ihn in keinem anderen Auto gibt. Das macht den McLaren P1 mehr noch als den ähnlich konstruierten Porsche 918 Spyder und wahrscheinlich den LaFerrari zum spektakulärsten Sportwagen dieser Tage.

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Keine Grünfärberei

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Gespeist wird der E-Motor aus einem Lithium-Ionen-Block. Der wird wahlweise binnen zwei Stunden an der Steckdose oder mit der überschüssigen Kraft des Motors in zwei Minuten im Leerlauf geladen. Auf was die Briten im Gegensatz zu anderen Hybriden verzichten, ist sogenannte Rekuperation. Wenn man bremst, wird die Energie nicht im Akku gespeichert, sondern verglüht in den aus Weltraum-Keramik gebackenen Scheiben mit einer fast ultimativen Stoppwirkung: Aus Tempo 300 steht der P1 nach 6,2 Sekunden - diesen Rekordwert wollen die Ingenieure nicht für ein paar Zehntel Verbrauchskorrektur opfern. Zumal sie erst gar nicht versuchen, den P1 als Raser ohne Reue zu verkaufen. Wo der Porsche 918 mit seinem großen Akku auf 50 Kilometer elektrische Reichweite und so auf einen Normverbrauch von 3,0 Litern (CO2-Ausstoß 70 g/km) kommt, genügt die Batterie im P1 nur für zehn Kilometer und im Datenblatt stehen 8,3 Liter (194 g/km).

Es ist aber nicht allein der irrwitzig starke Antrieb, der den P1 zu so einem Ausnahme-Auto macht. Mindestens so eindrucksvoll ist die Straßenlage, die allen physikalischen Gesetzen zu trotzen scheint. Wo andere Autos längst ins Schleudern kommen, fährt der McLaren auch ohne den Allradantrieb des 918 wie auf Schienen und jagt so unbeirrt um den Kurs, als wäre die Strecke mit Klebstoff asphaltiert.

Aerodynamik wie ein Kampfjet

Möglich macht das neben der ausgeglichenen Gewichtsverteilung und den 315er Pirelli-Walzen auf der Hinterachse vor allem die Aerodynamik. Wenn sich im Race-Mode die Karosserie um fünf Zentimeter absenkt, sich Klappen im Unterboden öffnen und ein Vakuum erzeugen und sich der imposante Heckflügel um 30 Zentimeter anhebt, dann lasten bis zu 600 Kilo Abtrieb auf dem Wagen und pressen ihn so fest auf die Straße, dass die Fliehkraft keine Chance hat - kein Wunder, dass der P1 nahezu komplett im Windkanal gezeichnet wurde. So ganz ohne Einfluss sind die Designer deshalb aber nicht geblieben: Egal ob in den Scheinwerfen oder den Lufteinlässen - überall erkennt man das sichelförmige Firmenlogo. Und wer einen der 375 geplanten P1 tatsächlich mal im Rückspiegel sieht, der sieht im Bug ein fieses Grinsen, das keinen Widerspruch duldet. Irgendwie passend.

Obwohl durch und durch ein Rennwagen, ist der P1 im Alltag überraschend kompromissbereit. Wer gelenkig genug ist für den Limbo unter den Schmetterlingstüren, der landet überraschend bequem auf den engen Schalensitzen. Man kann sich bei gemächlicher Fahrt noch unterhalten. Die Federung bügelt zumindest die schlimmsten Stöße glatt. Es gibt zwischen dem ganzen Karbon auch ein bisschen Zierrat sowie Extras vom Navigationssystem über den Tempomat bis hin zur Klimaanlage, die einen Hauch von Praxistauglichkeit simulieren. Und wer seinen rechten Fuß unter Kontrolle hat, kann mit diesem Tiefflieger auch seine Oma chauffieren. Aber wer will das schon?

Fazit: Fahrgefühl wie in der Formel 1

Breit, flach und bitterböse - schon im Stand stiehlt der P1 fast jedem anderen Sportwagen die Schau. Und mit dem Zusammenspiel seines spektakulären Hybrid-Konzeptes und der aktiven Aerodynamik muss er auch bei Vollgas keinen Vergleich scheuen. Selbst wenn es ein paar stärkere und schnellere Sportwagen gibt, bietet der P1 das intensivste Fahrerlebnis. Dass die Briten dafür 1 067 000 Euro verlangen, ist auch ein Teil dieser Faszination. Vor allem, weil die gesamte Produktion schon vor dem Start ausverkauft war und der P1 deshalb für die meisten auf ewig ein Traumwagen bleiben wird.

Datenblatt: McLarenP1

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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