Kugel-Oldie Bartels auf Abschiedstour

Düsseldorf (dpa) - Eigentlich könnte Ralf Bartels eine ruhige Kugel schieben. Das Jahr eins nach Olympia ist nämlich das letzte seiner großen Kugelstoß-Karriere. Beweisen muss der 35-jährige vom SC Neubrandenburg niemandem mehr etwas.

Grund genug, entspannt in den Ring zu steigen.

„Das rede ich mir eigentlich auch ein“, sagte der Koloss Bartels vor der Qualifikation bei der Hallen-EM in Göteborg. „Ich könnte Spaß haben und mit einer guten Leistung zeigen, dass ich zurecht noch eine Saison mache.“

Bis zum Einstoßen gelinge ihm das, aber wenn der Wettkampf beginnt, tickt er nach altem Muster: „Da will ich etwas Besonderes machen. Das bremst ein wenig.“ Nach 22 Jahren Hochleistungssport ist sein Ehrgeiz ungebrochen. Bei der Hallen-EM in Schweden hofft er nach den Titelgewinnen 2009 und 2011 einen dritten Coup in Serie zu landen. „Wenn man sich die Bestenliste anschaut, kann man damit liebäugeln“, meinte Bartels.

Sein 14. Titelgewinn bei der deutschen Hallen-Meisterschaft am vergangenen Wochenende mit 20,08 Metern hat ihm zur rechten Zeit Auftrieb gegeben. Damit liegt er in der europäischen Bestenliste auf Platz neun. Der Drittbeste dieser Saison, Asmir Kolasinac (Serbien), hat 46 Zentimeter mehr geschafft, der Ranglistenerste Martin Stasek (Tschechien) hat 65 Zentimeter mehr vorgelegt. „In Göteborg ist die Weite egal, wenn eine Medaille raus springt“, sagte Bartels, „aber immerhin steht schon mal eine 20 vor dem Komma.“

Dass ältere Sportler am Karriereende noch mal auftrumpfen können, zeigten zwei andere Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Bei der Freiluft-EM 2012 gewann Kugelstoß-Kollegin Nadine Kleinert als 36-Jährige den Titel. Und im Stabhochsprung gelang Björn Otto (35) in den vergangenen zwölf Monaten mit Silbermedaillengewinnen bei der Hallen- und Freiluft-EM sowie den Olympischen Spielen und mit dem deutschen Rekord (6,01 Meter) ein Höhenflug nach dem anderen. „Ralf Bartels hat gute Trainingsresultate“, sagte DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska. „Er hat noch etwas vor. Ich glaube an ihn.“

Den Glauben an sich selbst hatte Ralf Bartels auch im Olympia-Jahr 2012 nicht verloren. Eine Knieoperation hätte ihn beinahe erneut um die Olympia-Teilnahme gebracht. 2008 hatte er wegen einer Wadenverletzung aus Peking wieder abreisen müssen. „Ich hatte das Jahr schon abgeschlossen, doch nach der Operation kam der Arzt und sagte mit, Olympia in London ist nicht vorbei“, erzählte Bartels. Nach harten Training und mit einer Ausnahmegenehmigung konnte er an der Themse starten, schied aber in der Qualifikation mit 20,00 Meter aus.

Endstation seiner Laufbahn soll nun die WM im Sommer in Moskau werden. „Wenn ich auf die deutsche Bestenliste schaue, nehme ich wohl keinem einen Platz weg“, sagte Bartels, der danach als Trainer seine Erfahrung und sein Wissen weitergeben möchte. Nach Göteborg wird ihn Marco Schmidt begleiten, den er bei der deutschen Meisterschaft noch auf Platz zwei verdrängt hat. „In Göteborg wird Ralf es nicht mehr so leicht haben. Da geht im Finale etwas“, kündigte der Sindelfinger an. Er war vor zwei Jahren in Paris EM-Fünfter unterm Dach geworden.

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