Moldenhauers Rentner-Sicht zum 70.: „Das schmerzt“

Berlin (dpa) - Er gilt in den neuen Bundesländern als Gesicht der deutschen Fußball-Einheit, manche sagten auch „Quoten-Ossi“. Hans-Georg Moldenhauer wird 70 - und die Probleme des Ostfußballs halten den einstigen Torwart als Funktionärs-Rentner weiter auf Trab.

Immer wieder Ärger mit gewaltbereiten Fans in Rostock und Dresden, die Bundesliga weiter ostfreie Zone - und auch die Talente kommen längst nicht mehr aus den neuen Bundesländern. Moldenhauer, über 20 Jahre lang das Funktionärsgesicht des Ostfußballs, sollte das alles eigentlich nur noch aus Rentnersicht berühren. Doch der Magdeburger, der am Freitag seinen 70. Geburtstag feiert, mischt auch nach dem Ende seiner Verbandskarriere weiter mit. „Das schmerzt“, sagte er zu den Problemen, für die offiziell nun Moldenhauer-Nachfolger Rainer Milkoreit als DFB-Vize und Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV) verantwortlich ist.

„Man könnte es sich leicht machen und auf die gesamte Gesellschaft verweisen. Oder darauf, dass es Ausschreitungen auch woanders gibt. Doch das hilft ja wenig“, bemerkte Moldenhauer. Das Telefon klingelt ununterbrochen bei jenem Mann, der 1990 mit dem damaligen DFB-Boss Hermann Neuberger und einem Trabi die Wiedervereinigung des deutschen Fußballs besiegelt hatte. „Meine Frau sagt immer, es hat sich ja gar nichts geändert“, berichtete der Jubilar schmunzelnd. Moldenhauer ist für den DFB unterwegs, im Dezember reist er mit U 17-Teams der Jungen und Mädchen nach Israel. Vor allem aber kämpft er für seine Region.

Beim Ex-Europacupsieger 1. FC Magdeburg, dem er seit 1956 die Treue hält, ist der einstige Erstliga-Torwart noch Berater. Er ging nach den jüngsten Ausschreitungen persönlich zu Dynamo Dresden und Hansa Rostock, um nach Lösungen zu suchen. „Du kannst so viel Runde Tische bilden, wie du willst. Du musst alles konsequent umsetzen“, sagte Moldenhauer. Er ist für drastische Strafen wie lebenslanges Stadionverbot, eventuell die Abschaffung der Stehplätze. Der Frust ist ihm anzumerken, auch wenn er sich im Vorjahr aus privaten Gründen zurückzog, um einen engen Angehörigen mit zu pflegen.

Seit er in den letzten Monaten der DDR überraschend den Chefposten im Ostfußball übernommen hatte, begleitete ihn das Thema Gewalt. Als Hooligans 1990 in Leipzig das Vereinigungs-Länderspiel verhinderten, dachte er sogar mal ans Hinschmeißen. Moldenhauer ist nicht alles gelungen: Der Aderlass der DDR-Spitzenclubs nach den Mauerfall konnte nie kompensiert werden; Ausbildungsstrukturen wurden erst einmal zerschlagen; Alt-Funktionäre und ehemalige Stasi-Zuarbeiter saßen weiter in Gremien und Kommissionen; Traditionsvereine verschwanden in der Versenkung und schlitterten in die Insolvenz.

Doch der ehemalige Maschinenbau-Ingenieur vertrat die Interessen seiner Landesverbände und Vereine in der Chefetage des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit Herz, wählte lieber taktisches Geschick statt Konfrontation. So sicherte er die Existenz der 15 sportbetonten Schulen in den sechs neuen Bundesländern einschließlich Berlin. 35 Millionen Euro transferierte der DFB in die Struktur der Ost-Verbände und Amateurvereine. 95 Talent-Stützpunkte und neun DFB-Eliteschulen können sich sehen lassen - doch auch hier ist der Trend rückläufig: Beim jüngsten 3:0-Länderspiel gegen Holland stand in Toni Kroos nur ein Spieler im Aufgebot, der in den neuen Ländern ausgebildet wurde.

„Der Trend ist klar: Die Talente gehen schon mit 12, 13 Jahren in die Leistungszentren der Bundesligaclubs“, bemerkte Moldenhauer. Der Funktionärs-Rentner ist von der guten Arbeit der Sportschulen wie in Jena, Halle oder Rostock überzeugt: „Da bleibe ich am Ball.“ So erkämpfte er auch für Magdeburgs Talentschmiede eine zusätzliche jährliche DFB-Hilfe von 10 000 Euro. Ein kleiner Erfolg - die großen Probleme werden Moldenhauer auch mit 70 weiter schmerzen.

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