Frauen-WM Scheitern mit Ansage

Brasiliens Frauenfußball leidet unter gravierenden strukturellen Problemen — da hilft auch eine Marta mittlerweile nur noch wenig.

Frauen-WM: Scheitern mit Ansage
Foto: dpa

Montreal/Moncton. Es fällt in den Deutungshoheit des Weltverbandes FIFA, unliebsame Sequenzen von dieser Frauen-WM entweder gleich zu verstecken oder gar nicht zu versenden. So fehlt in dem knapp dreiminütigen Videoschnipsel auf der FIFA-Homepage nach dem Achtelfinale zwischen Brasilien und Australien (0:1) die entscheidende Szene: Wie nämlich Marta Vieira da Silva die Kapitänsbinde frustriert aufs Plastikgras warf, als sei das Stück Stoff bloß nur noch Unrat.

Aber solch eine Symbolik aus dem kanadischen Provinzstädtchen Moncton, wo die Stadionbetreiber einen Naturrasen haben rausreißen müssen, um den FIFA-zertifizierten Kunstrasen zu verlegen, hätte ein weiteres schlechtes Licht auf die Veranstaltung geworfen. Die fünffache Weltfußballerin und in jedem Werbetrailer mitkickende Marta geht — nach Ansicht der Veranstalter viel zu früh. Dabei kann das Ausscheiden der schon Anfang April bei einem Testspiel in Fürth gegen die deutsche Elf merkwürdig konfus auftretenden Südamerikanerinnen niemand mehr wirklich überraschen.

Für die angeblich erst 29-jährige Fußballerin mit der unvollendeten Vita wird es jetzt verdammt schwierig, noch mal einen Titel zu holen. Die größte Chance vergab sie 2007, als sie im WM-Finale von Shanghai mit einem Elfmeter an Nadine Angerer scheiterte. Doch wie sehr seitdem der brasilianische Verband (CBF) die Zeichen der Zeit missachtet hat, ist schon krass. Die gegenüber der Förderung im weiblichen Segment besonders ignorante südamerikanische Konföderation wird daher von Tatjana Haenni, für die Frauen-Wettbewerbe unter FIFA-Hoheit verantwortlich, auch am schärfsten kritisiert.

Nutzt nur nichts, wenn jemand den nächsten Rückschlag so gelassen hinnimmt wie Brasiliens Nationaltrainer Vadao. „Ein Ballverlust hat entschieden. Physisch waren wir eine der stärksten Mannschaften.“ Stimmte beides nicht ganz: Zum einen spielte beim 0:1 durch Kyah Simon (80.) auch ein Fangfehler von Torfrau Luciana eine große Rolle. Zum anderen bringt rückblickend eine monatelange Vorbereitung in einem Trainingscamp wenig, wenn die Protagonisten nicht vorher ordentlich auf Wettkampfniveau gefordert werden. Die Mittel, die CBF bereitstellt, fließen nur, weil es in den Vorlauf zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio passt, wo die beim schwedischen Meister FC Rosengard angestellte Marta ihre Mannschaft bitte zu Gold tricksen soll. Doch die Annahme ist irrsinnig, damit all die strukturellen Schwächen auszubügeln. Das weiß auch der 58 Jahre alte Vadao: „Wir müssen uns in Zukunft noch besser vorbereiten können, so wie andere Nationen.“

Doch wer bitte vernimmt solche Aussagen? Die Marta-Dokumentation „Pelés Cousine“ mag im schwedischen Fernseher ein Renner gewesen sein, aber in der brasilianischen Heimat interessierte es gerade wieder kaum einen, was die mittlerweile zur WM-Rekordtorschützin — dank eines Elfmetertores löste sie mit ihrem 15. WM-Treffer Birgit Prinz ab - aufgestiegene Stilikone in Kanada veranstaltet hat. Als TV Brasil das Gruppenspiel gegen Spanien übertrug, schalteten lächerliche 64.680 Zuschauer ein. Nur zum Vergleich: Die Zusammenfassung der Highlights von dieser Partie sahen hierzulande im ZDF weit nach Mitternacht noch fast eine Million.

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