Frauenfußball-Weltmeisterschaft Der Schrecken jeder Abwehr

Die Stürmerinnen Anja Mittag und Celia Sasic legen sich bei der Weltmeisterschaft gegenseitig die Tore auf. Deutschland überzeugt beim 4:1-Sieg gegen Schweden im Achtelfinale.

Anja Mittag und Celia Sasic (l.) feiern ihre mit Toren gekrönte Leistung gegen Schweden.

Anja Mittag und Celia Sasic (l.) feiern ihre mit Toren gekrönte Leistung gegen Schweden.

Foto: dpa

Ottawa. Irgendwann nach einer schier endlosen Golf-Übertragung und einem bejubelten Baseball-Rekord haben sich die in Toronto sitzenden Macher beim kanadischen Sportsender „The Sports Network“ (TSN) in der Nacht zu Sonntag dann doch entschlossen, sich der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in der Heimat zu widmen. Ausnahmsweise ging es dabei in dem Filmchen kurz vor Mitternacht nicht um die Befindlichkeiten beim kanadischen Team, sondern um ein deutsches Duo. Konkret um Anja Mittag und Celia Sasic. Und in dem wirklich liebenswert aufbereiteten Beitrag fielen gleich mehrfach Begriffe wie „amazing, impressive and strong.“ Erstaunlich, beeindruckend und stark.

Das hat verdient, wer im Duett zehn WM-Tore produziert. Mit je fünf Treffern sind nämlich nunmehr Anja Mittag und Celia Sasic gelistet, und wer bislang die stolzen Zahlen unter dem Eindruck minderwertiger Konkurrenz (Elfenbeinküste und Thailand) gering geschätzt hat, der muss nach dem Auftritt gegen den zweiten Qualitätsgegner (nach Norwegen nun Schweden) Abbitte leisten. Die beiden haben das, was den meisten namhaften Offensivspielerinnen bei diesem Turnier bislang abging: das richtige Gespür und ein gutes Miteinander.

Frauen WM: Deutschland im Viertelfinale
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So als probten die beiden nur die Wiederholung ihres gemeinsam produzierten Siegtreffers zum 1:0 im EM-Finale 2013 gegen Norwegen, legten sich Mittag und Sasic nun auch im kanadischen Ottawa im Viertelfinale beim 4:1 gegen Schweden die Bälle auf. Wie konkret die Aufgabenverteilung mit der vor ihr postierten Sasic aussieht, erklärte die später zur „Spielerin des Spiels“ gekürte Mittag auf ihre Art recht simpel: „Sie geht in die Tiefe, ich ziehe die Bälle vor der Kette. Dass es für uns beide so gut läuft, ist doch cool.“ Klar, dass auch die Bundestrainerin voll des Lobes war. „Anja und Celia arbeiten toll miteinander - vor allem auch gegen den Ball“, sagte Silvia Neid. „Sie machen jeder Abwehr richtig Stress.“

Der Lohn für derlei Aufwand: Sasic (108 Länderspiele/62 Tore) schnürte einen Doppelpack zum 2:0 und 3:0, und Mittag (124/38) schaffte das wichtige 1:0 — nach Balleroberung und Doppelpass mit Sasic. Der Schlenzer ins lange Eck brachte die dominierende deutsche Mannschaft auf die Siegerstraße und war genauso beabsichtigt. „Ich habe mir mal überlegt, nicht mit Vollspann zu schießen.“ Das war von der 30-Jährigen dann ebenso clever, wie den Strafstoß bei der überforderten nordkoreanischen Schiedsrichterin Hyank Ok Ri zu provozieren, den der in Koblenz beheimatete Lockenkopf Sasic lässig über die Linie schob. „Es war ein Kontakt da. Nächste Frage bitte“, umschiffte Anja Mittag, die Tattoo-Liebhaberin aus Chemnitz, auf der Pressekonferenz ein möglicherweise heikles Thema. Vielleicht ganz gut, dass die durch ihre Auslandsaufenthalte gereifte Mittag nun ihren Arbeitgeber FC Rosengard verlässt, um sich Paris St. Germain anzuschließen. Ein Verein, der vielleicht auch (irgendwann) noch als Arbeitgeber für die frankophil geprägte Sasic — ihre Mutter ist Französin — infrage kommt, da sie nach ihrer Vertragskündigung beim 1. FFC Frankfurt zum 30. Juni offiziell vereinslos ist. Was passiert eigentlich mit all den Interessenten, die bei ihrem Berater Dominik Kaesberg anfragen? Die bald 27-Jährige: „Die sollen warten, bis ich von der WM zurückkomme.“ Könnte noch dauern, wenn das um den „Goldenen Schuh“ als beste Torschützin wetteifernde Gespann so weitermacht.

Silvia Neid konnte aber mit der Leistung des gesamten Teams zufrieden sein. Ihre Augen funkelten, als sie ihre kaum verschlüsselte Botschaft an die WM-Konkurrenz schickte. „Es war nach Norwegen der erste richtige Prüfstein. Das erste Spiel, in dem wir 100 oder 120 Prozent geben mussten“, erklärte die Bundestrainerin und lächelte zufrieden nach dem beeindruckenden Sieg gegen einen Gegner, der zu den Favoriten gezählt wurde. „Wir sind überglücklich, dass wir diesen Brocken Schweden aus dem Turnier gespielt haben. Es war vielleicht ein Schlüsselspiel.“

Übersetzt hieß dies: Seht her, wir hatten vielleicht eine leichte Gruppe. Aber wenn wir richtig gefordert sind, machen wir ernst! Noch schöner formulierte es Simone Laudehr: „Wenn ich nicht in der deutschen Mannschaft spielen würde und hätte das Spiel gesehen, würde ich sagen: Die können schon Fußball spielen.“ Am kommenden Freitag (22 Uhr) spielt die DFB-Auswahl in Montreal um den Einzug ins Halbfinale.

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