Worauf es bei Wellnessreisen ankommt

Berlin (dpa/tmn) - Was ist eigentlich Wellness? Vor dieser Frage stehen Urlauber heute mehr denn je. Das Angebot wird immer breiter. Und längst nicht jedes „Wellnesshotel“ verdient diesen Namen. Es ist daher gar nicht so einfach, das passende Wohlfühlangebot zu finden.

Wellness-Socken? Ja, die gibt es, seufzt Lutz Hertel. Früher hat er es noch genau verfolgt, welche kuriose Neuheit mit „Wellness“ im Namen gerade auf den Markt kam. Inzwischen hat er es aufgegeben - es sind einfach zu viele geworden. „Wellness ist ein Werbebegriff geworden - einfach alles, was man kaufen kann, wird damit vermarktet“, sagt der Vorsitzende vom Deutschen Wellness Verband (DWV) in Düsseldorf. Das gilt auch in der Reisebranche. Für Urlauber ist das Problem an der Sache: Längst nicht überall, wo Wellness draufsteht, ist auch Wellness drin. Sie müssen daher genau hinschauen, um ein Wohlfühlangebot zu finden, das hält, was es verspricht.

Dass so viele Anbieter auf der Wellnesswelle mitschwimmen wollen, ist kein Wunder: Wellness boomt. Das Entspannen muss dabei aber oft schnell gehen. „Der Trend geht zu Tagesfluchten, wo sich der Manager oder die gestresste Hausfrau eine kurze Auszeit gönnt“, erklärt Michael Altewischer vom Verband Wellness-Hotels Deutschland. Der Verband hat im März auf der Reisemesse ITB in Berlineine GfK-Studie zum Thema vorgestellt. Demnach sind im vergangenen Jahr 6,7 Prozent mehr Wellnessreisen als im Vorjahr gebucht worden. Besonders Kurztrips mit einer Dauer von zwei bis vier Tagen boomen, wie sich aus der repräsentativen Befragung von 20 000 Haushalten ergibt.

Das Angebot ist riesig: „Allein in Deutschland gibt es 1200 selbsternannte Wellnesshotels“, sagt Altewischer. Aber nur 300 davon verdienten diesen Namen wirklich. „Der Begriff Wellness ist nicht geschützt“, erklärt Hertel. „Die letzte Bude mit einem Heimtrainer im Keller kann sich Wellnesshotel nennen.“ Zwar gibt es Siegel, aber kein einheitliches - eines vergibt zum Beispiel Altewischers Verband mit dem TÜV, der DWV hat wiederum ein eigenes. Verbindlich ist keines davon für Wellnesshotels.

Für Urlauber ist es dabei oft nicht leicht erkennbar, was sie sich einhandeln: Geht es nur um ein Wohlfühlwochenende? Oder darum, etwas für die Gesundheit tun? Auch die Begriffsvielfalt verwirrt eher: Was ist etwa der Unterschied zwischen Wellness und Medical Wellness? „Medical Wellness steht eindeutig für ärztlich begleitete, medizinische Anwendungen“, erklärt Lutz Lungwitz vom Deutschen Medical Wellness Verband in Berlin. Gewöhnliche Wellnessangebote dienten eher der Erholung. Wer mehr will, sollte darauf achten, dass ein gut ausgebildeter Arzt vor Ort ist.

Aber auch wer nur auf der Massagebank entspannen will, sollte sich nach der Ausbildung des Personals erkundigen, bevor er sich durchkneten lässt - sonst kann das schmerzhaft enden, warnt Hertel. Denn an der nötigen Qualifikation hapere es mitunter, hat er beobachtet. „Einige haben bloß eine zweiwöchige Fortbildung gemacht.“ Kunden sollten daher verlangen, dass sie von einem staatlich geprüften Masseur behandelt werden.

Wenn Kunden wirklich etwas für ihre Gesundheit tun wollen, sollten sie außerdem darauf achten, dass das Programm nachhaltig ist. „99 Prozent der Angebote sind das nicht“, kritisiert Hertel. Dadurch verpuffe der Effekt oft schnell. „Wenn Sie verspannt sind, gehen Sie zur Massage. Dann massiert der das weg, und das war's. Anstatt Ihnen zu sagen: Was können Sie im Alltag dagegen tun?“ Wichtig sei es daher, dass Kunden schriftliche Unterlagen bekommen - etwa, wenn sie ihre Ernährung ändern wollen. „Wenn ich im Hotel Wellness-Vital-Essen bekomme, dann will ich doch die Rezepte haben und zu Hause nachkochen.“ Auch bei einem Tai-Chi-Kurs benötigten Urlauber Übungen für zu Hause, um hinterher weitermachen zu können.

Kunden müssen sich aber auch klarmachen, was sie eigentlich wollen: Einfach nur abschalten? Das möchten die meisten, die sich für Wellness interessieren, wie die GfK ermittelt hat. Es gibt aber auch ganz andere Beweggründe für ein Wellnesswochenende: Ein paar entspannte Stunden mit dem Partner verbringen, Schönheitspflege oder etwas für die eigene Fitness tun.

In diesem Punkt haben Frauen und Männer klassischerweise ganz verschiedene Vorstellungen von Wellness, erklärt Altewischer. „Eine Frau sagt: Gib mir einen Bademantel, gib mir ein gutes Buch, und lass mich in Ruhe. Der Mann sagt: Zeig mir die Berge, zeig mir das Mountainbike, und lass mich was tun!“

Früher war Wellness eher Frauensache, sagt Altewischer. Heute spreche es zunehmend auch Männer an - sie wollen aber ein aktiveres Wellnessprogramm. Darauf haben einige Häuser aus seinem Verband reagiert: Sie bieten neuerdings zum Beispiel Laufcamps an. Moment mal, heißt das, Joggen ist jetzt auch Wellness? Und ob - am besten gleich in Wellness-Socken.

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