Mittel gegen Depressionen wirkt nicht

Positiver Nutzen des Medikaments Edronax ist nicht nachzuweisen.

Köln (dpa) - Ein seit mehr als 20 Jahren zugelassenes Medikament gegen Depressionen ist nach umfassenden wissenschaftlichen Studien praktisch wirkungslos. Ein positiver Nutzen des Wirkstoffs Reboxetin im Medikament Edronax sei nicht nachzuweisen, teilte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln am Dienstag in einer abschließenden Bewertung mit.

Der Hersteller des Präparats, das Pharmaunternehmen Pfizer, habe erst nach mehrfachen Anfragen zuvor "unter Verschluss gehaltene Daten" eingereicht. "Im Interesse der Patienten brauchen wir dringend eine gesetzliche Verpflichtung für alle Pharmaunternehmen, alle klinischen Studien offenzulegen", sagte Institutsexpertin Beate Wieselehr.

Das Kölner Institut stellte fest, dass Reboxetin im Vergleich zum Scheinmedikament Placebo in Kurzzeittherapien von sechs bis acht Wochen keinen signifikanten Unterschied erkennen ließ - also keinen Profit für den Patienten. Stattdessen seien Nebenwirkungen beobachtet worden, die in einigen Fällen zum Abbruch der Therapie führten, erklärte das Institut.

Bei zwei anderen Wirkstoffen kam das Institut zu positiven Ergebnissen: Bupropion XL (von Glaxo Smithkline) und Mirtazipin (Essex Pharma) "können die Beschwerden lindern", heißt es im Bericht.

Für seine Bewertung zu Reboxetin hatte das Institut nach eigener Aussage auch etwa auf Datenbanken oder öffentlich zugängliche Zulassungsunterlagen zurückgreifen müssen. Ein Pfizer-Sprecher sagte zu der Kritik auf Anfrage, das Unternehmen habe keine Studiendaten zum Nachteil von Ärzten und Patienten zurückgehalten. "Wir haben auf Anfrage weitere Studiendaten eingereicht."

Edronax sei ein älteres Mittel, das nicht mehr häufig eingesetzt werde. "Es handelt sich um ein 1997 zugelassenes Präparat, dessen positives Nutzen-Risiko-Verhältnis mit der Zulassung bestätigt wurde", betonte der Pfizer-Sprecher. Eine detaillierte Stellungnahme werde der Hersteller aber erst nach einer gründlichen Prüfung des Berichts abgeben. Dagegen sagte Wieselehr, stellvertretende Ressortleiterin in der Arzneimittelbewertung, seit der Zulassung von Edronax 1997 habe es neue Studien und Erkenntnisse gegeben, die alle der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden müssten.

Der Bericht kann dazu führen, dass ein Medikament aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen wird.

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