Mein Kind stottert: Was Eltern tun können

Stuttgart (dpa/tmn) - Stottern kann bei Kindern ganz plötzlich auftreten. Bei einigen verschwindet das Phänomen wieder, andere müssen zum Logopäden. In jedem Fall sollten Eltern sehr behutsam mit der Störung umgehen.

Denn Kritik kann das Stottern noch verschlimmern.

Manchmal hat Jasmin einen guten Tag. Dann plappert sie einfach drauflos - ohne zu stocken oder erneut Anlauf für ein Wort zu nehmen. An anderen Tagen hat die Fünfjährige dagegen mit ihrem Stottern zu kämpfen. Dann sagt sie: „Mama, heute ist ein blöder Tag, mein Wort will nicht raus“, erzählt ihre Mutter Anja Frey.

Die 35-Jährige stottert ebenfalls und leitet eine Selbsthilfegruppe für Stotterer in Stuttgart. Zudem hat sie ein Netzwerk für Eltern stotternder Kinder gegründet. Viele Erwachsene seien mit der Krankheit überfordert, sagt sie mit Blick auf den Welttag des Stotterns am 22. Oktober. „Sie wollen sich nicht eingestehen, dass ihre Kinder nicht vollkommen sind.“

Nicht immer reagieren Erwachsene intuitiv richtig auf das Stottern. Oft sei es besser, den gestörten Sprechfluss der Kinder zunächst zu ignorieren und nicht anzusprechen. „Denn sonst wird ein Thema aufgerufen, das für das Kind vielleicht noch gar nicht besteht“, erklärt Walburga Brügge, Logopädin aus Hamm. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Katharina Mohs hat sie ein Buch über kindliches Stottern geschrieben.

Das Stottern zu thematisieren, vermittele dem Kind, dass es etwas falsch mache, meint auch Werner Rauschan, der ebenfalls als Logopäde arbeitet.

Finden Kinder nicht sofort die richtigen Worte oder wiederholen sich mehrmals im Satz, mache sie das nicht automatisch zu Stotterern. „Das gehört zur normalen Sprachentwicklung dazu“, sagt Rauschan. Das flüssige Reden müsse erst erlernt werden.

Für Eltern sei es allerdings schwer auszuhalten, wenn die Sprachentwicklung ihrer Kinder ins Stocken gerät. Deshalb rät Rauschan Eltern, sich von einem Logopäden beraten zu lassen - ohne dass die Kinder zunächst dabei sind.

Das Stottern können Eltern nicht beeinflussen, die Gesprächsatmosphäre dagegen schon. „Es ist wichtig, dem Kind nicht ins Wort zu fallen und Blickkontakt zu halten, wenn es etwas erzählen möchte“, sagt Brügge.

Eltern könnten zunächst einige Zeit beobachten, ob sich das Stottern wieder verliert. Bemerken sie, dass ihre Kinder das Sprechen vermeiden oder bestimmte Wörter nur unter starkem Druck und Pressen herausbringen, sollte eine Therapie beim Logopäden begonnen werden. Dies kann vom Haus- oder Hals-Nasen-Ohren-Arzt verordnet werden.

Während Kinder im Vorschulalter noch unbefangen mit ihrem Stottern umgehen, wandelt sich das meist mit der Einschulung. „Sie entwickeln Angst vor dem Sprechen vor der Klasse, die Blockaden werden stärker“, sagt Rauschan.

Nicht immer schafft es der Therapeut, das Stottern völlig zu beseitigen. Ziel sei es, die Betroffenen dahin zu bringen, dass ihnen ihr Stottern nichts mehr ausmacht. „Sie sollen keinen Stress mehr damit haben und lernen, mit Blockaden umzugehen“, sagt Rauschan.

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