Mit Handicap an die Uni — Wo Betroffene Unterstützung finden

Freiburg (dpa/tmn) — Welche Universität ist barrierefrei? Für Schulabgänger mit Handicap stellen sich bei der Studienwahl oft ganz spezielle Fragen. Gut zu wissen für sie, dass es einige Hilfsangebote und Erleichterungen gibt.

Mit Handicap an die Uni — Wo Betroffene Unterstützung finden
Foto: dpa

Es gebe für sie keinen Weg ins Studium, hörte Michaela Kusal damals bei der Beratung im Arbeitsamt. Seit ihrer Geburt sitzt sie aufgrund einer muskulären Erkrankung im Rollstuhl und muss rund um die Uhr betreut werden. Heute studiert die 30-Jährige Anglistik und Philosophie auf Lehramt. „Hätten meine Eltern mich nicht unterstützt, hätte ich keine Chance auf eine akademische Karriere gehabt“, sagt Kusal.

Laut einer Publikation des Deutschen Studentenwerks von 2012 haben acht Prozent der Studierenden eine Behinderung oder eine chronische Erkrankung. Um ihnen den Weg an die Hochschulen zu erleichtern, gibt es an vielen Stellen Unterstützung.

Das fängt bei der Zulassung an. Zwischen zwei und fünf Prozent der Plätze sichern die Hochschulen in grundständigen Studiengängen für Studenten mit Behinderung. Mit einem Härtefallantrag hat der Bewerber eine Chance auf solch einen Platz. Für den Antrag ist ein fachärztliches Gutachten nötig. Das wird dann zusammen mit dem Antrag in die Bewerbung gelegt.

Welche Hochschule die richtige ist, hängt von der Art der Behinderung ab. Ein bundesweites Siegel für barrierefreie Universitäten gibt es nicht. Einige Städte vergeben aber eine Plakette, wenn der Behindertenbeauftragte der Stadt die Hochschule als barrierefrei einstuft. „Die Vergabekriterien sind jedoch von Stadt zu Stadt unterschiedlich“, warnt Yvonne Frömmel von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Behinderung und Studium.

Es muss nicht immer eine große Universität sein, auch wenn sie häufig mehr Kapazität für Beratungs- und Unterstützungsangebote hat. Kleinere Hochschulen klärten Anliegen eher direkt, sagt Maike Gattermann-Kasper. Sie ist die Behindertenbeauftragte an der Universität Hamburg.

„Die meisten Betroffenen suchen zu spät Hilfe“, erzählt Studentin Kusal. Sie hat ihre ersten Klausuren mit der Hand geschrieben. Es müsse doch auch so gehen, dachte sie. Schnell kam die Frustration, als alle schon fertig waren — nur sie nicht. Erst dann hat sie die Hochschule kontaktiert und einen Nachteilsausgleich bekommen. Heute schreibt sie ihre Klausuren mit dem Computer.

Einen Nachteilsausgleich können Studenten mit Handicap beim Prüfungsamt beantragen. Er soll dazu dienen, die Benachteiligung durch die Behinderung bei Prüfungen auszugleichen. Das kann etwa sein, dass schriftliche Prüfungen durch mündliche Leistungen ersetzt oder Fristen für Hausarbeiten verlängert werden.

Mit dem Start der Studienzeit beginnt der Schritt in die Selbstständigkeit. Zum einen bedeutet das Freiheit, zum anderen mehr Selbstorganisation. Das gilt umso mehr für Studenten mit einer Behinderung. Michaela Kusal hat mittlerweile eine eigene Wohnung. Die Betreuung übernimmt ein Team von sechs Frauen, die ihr im Haushalt zur Hand gehen, aber auch bei der Buchausleihe helfen. Eine Studienassistenz können Kommilitonen oder ausgebildete Kräfte machen, die sich der Student selbst suchen muss. „Ich habe damals Zeitungsannoncen geschaltet“, sagt Kusal. Manchmal hat auch die Hochschule Kontakte.

Die Finanzierung der Studienassistenz übernehmen die Sozialhilfeträger. Studenten mit einer Behinderung haben außerdem die Möglichkeit, ihre Förderungshöchstdauer durch das Bafög zu verlängern. Im Anschluss bekommen sie mehr Zeit als Studenten ohne Handicap, um das Geld zurückzuzahlen.

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