CDU verliert, SPD punktet Wie Laschet und Scholz auf die Umfragewerte reagieren

Berlin · Noch fünf Wochen bis zur Bundestagswahl - und der Umfragetrend für Unionskandidat Armin Laschet zeigt nur in eine Richtung. Olaf Scholz demonstriert Demut angesichts der guten Werte für die SPD.

 Olaf Scholz (SPD) darf sich über steigende Umfragewerte freuen, während es für die CDU bergab geht. 

Olaf Scholz (SPD) darf sich über steigende Umfragewerte freuen, während es für die CDU bergab geht. 

Foto: dpa/Arne Dedert

Fünf Wochen vor der Bundestagswahl stemmt sich Unionskanzlerkandidat Armin Laschet mit einer Warnung vor einem Linksruck in Deutschland gegen den Abwärtstrend in Umfragen. Sein SPD-Rivale Olaf Scholz zeigte sich am Sonntag „berührt“ vom wachsenden Zuspruch für ihn und die SPD. FDP-Chef Christian Lindner warf Laschet mangelnde Führungsstärke vor. Die SPD holte die Union in einer Umfrage ein. Im wöchentlichen Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Insa für „Bild am Sonntag“ sacken CDU/CSU um drei Prozentpunkte auf 22 Prozent ab. Die Sozialdemokraten klettern um zwei Punkte auf ebenfalls 22 Prozent.

Mit einer Kampfansage an SPD und Grüne starteten CDU und CSU in die heiße Phase des Wahlkampfs. „Es ist nicht egal, wie diese Wahl ausgeht“, sagte Laschet am Samstag in Berlin. Er werde mit all seinen Möglichkeiten dafür kämpfen, „dass dieses Land nicht von Ideologen übernommen wird“. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder rief die Union auf, „endlich vernünftigen Wahlkampf“ zu machen.

Die Union wolle nicht regieren, weil sie Lust daran habe, „sondern weil wir regieren müssen, damit Deutschland einen guten Weg nimmt“, sagte Laschet. Söder sagte, er wolle für Deutschland kein linkes Bündnis und auch keine Ampel. Klare Führung könnten weder die SPD mit Scholz noch die Grünen mit ihrer Kandidatin Annalena Baerbock geben. Mit Blick auf die Umfragen sagte der CSU-Chef: „Es ist nichts verloren. Es gibt keinen Anlass zum Jammern.“ Es werde aber am 26. September sehr knapp werden. „Jeder muss kapieren mit dem heutigen Tag, dass es echt um alles geht.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rief dazu auf, um jede Stimme zu kämpfen, damit nicht am Ende „das linke Chaos“ siegt.

Mit dem Umfragegleichstand bei Insa liegen Union und SPD erstmals seit April 2017 in der Wählergunst wieder gleichauf. Die Grünen kamen auf 17 Prozent (minus 1), die FDP auf 13 (plus 1) und die AfD auf 12 (plus 1). Die Linke lag unverändert bei 7 Prozent. Wahlumfragen sind allerdings generell unsicher und geben nur die Stimmung zum Befragungszeitpunkt wieder. Scholz würden laut Insa 34 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben direkt zum Kanzler wählen, wenn dies möglich wäre. Das sind fünf Punkte mehr als vor einer Woche. Laschet fällt um drei Punkte auf 12 Prozent. Baerbock kommt unverändert auf 13 Prozent.

Gefeiert wurde bei der Unionsveranstaltung Kanzlerin Angela Merkel. Sie erinnerte daran, dass es die erste Bundestagswahl seit 1949 sein werde, bei der sich der amtierende Kanzler nicht um die Wiederwahl bewirbt. „Das heißt also: Die Karten werden neu gemischt.“ Merkel stellte sich hinter Laschet. Ihm sei es immer wichtig gewesen, den Menschen mit seiner unantastbaren Würde in den Mittelpunkt zu stellen und zwischen den Menschen Brücken zu bauen. An Laschet direkt gewandt sagte sie: „Lieber Armin, ich weiß, dass genau das Dein Handeln leitet und prägt.“ Dies gelte auch für Laschet als Bundeskanzler.

In einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ forderte Laschet SPD-Kanzlerkandidat Scholz auf, ein rot-rot-grünes Bündnis auszuschließen. Dieses sei „eine Gefahr für Deutschland“. Der Hamburger CDU-Vorsitzende Christoph Ploß verlangte von Laschet in der Zeitung „Die Welt“ (Montag) die Nominierung eines Wahlkampfteams.

Gegenwind erhielt Laschet vom möglichen Koalitionspartner FDP. „Die letzten Wochen haben die Zweifel verstärkt, ob Armin Laschet die Führungskraft hat, die Anliegen der Grünen nach Umverteilung, Bevormundung und Subventionierung zurückzuweisen“, sagte FDP-Chef Christian Lindner der „Bild am Sonntag“. „Da die CDU inhaltlich nichts bietet, stehen wir allein für wirtschaftliche Vernunft.“

Scholz sagte am Rande eines Bürgergespräches der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam: „Ein Regierungswechsel, ein Aufbruch in Deutschland ist möglich.“ Eine Kanzlerschaft von einem Sozialdemokraten sei sehr erreichbar geworden. „Für mich sind die Umfragewerte sehr berührend, denn darin verbirgt sich ja auch eine wachsende Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu mir als Person.“ Viele trauten ihm zu, die nächste Regierung zu führen, und das sei ja kein einfaches Amt. „Insofern bin ich sehr bewegt davon, wie viele das tun“, sagte Scholz. „Natürlich ist es auch etwas Besonderes zu sehen, dass sich jetzt auch die Zustimmung zur SPD erhöht.“ Scholz tritt als Direktkandidat im Wahlkreis Potsdam an - unter anderem gegen Baerbock.

Den Parteivorsitz strebt Scholz im Falle eines Wahlsiegs nicht an. „Nein, das halte ich nicht für erforderlich, das habe ich auch nicht vor“, sagte der Vizekanzler im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks. SPD-Chefin Saskia Esken hat schon angekündigt, ihr Amt behalten zu wollen.

Der Linken-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch warb für Rot-Rot-Grün. Scholz könne wesentliche Vorhaben niemals mit der FDP, sondern nur mit der Linken durchsetzen, sagte der Fraktionschef dem „Tagesspiegel am Sonntag“. „Es geht also um die Frage: Linke oder Lindner?“ Er sei gespannt, was Scholz seinen Wählern antworte. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir warf der Linken im „Handelsblatt“ (Montag) ein „rein taktisches Verhältnis zu Menschenrechten“ vor. Wer hier nach Sympathien oder Antipathien vorgehe, „mit dem können wir Grüne nicht
zusammenkommen“. Özdemir warnte vor der „realen Gefahr“ einer „Deutschlandkoalition“ von Union, SPD und FDP ohne Grüne.

Der Youtuber Rezo meldete sich derweil wieder mit einem Video zu Wort und griff vor allem Politiker der Union an. Sein Hauptvorwurf etwa an Laschet, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) war Inkompetenz, krasses Versagen und das Verbreiten von Unwahrheiten.

(dpa)
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