Wuppertal hat gewählt „Kommune ist der Lebenswelt am nächsten“

Politikwissenschaftler Prof. Wolfgang Bergem über die Kommunalwahl.

 Der Wuppertaler Politikwissenschaftler Wolfgang Bergem war zu Gast im WZ-TV-Studio.

Der Wuppertaler Politikwissenschaftler Wolfgang Bergem war zu Gast im WZ-TV-Studio.

Foto: wz

Ist die Kommune das schwächste Glied der Kette?

Wolfgang Bergem: Was heißt hier schwächstes Glied? Wir reden ja in Hinblick auf die vertikale Gewaltenteilung im System der BRD von mehreren Ebenen auf denen Politik stattfindet. Die Kommunen, dann die Länderebene, dann die Bundesebene und darüber zunehmend auch die Ebene der Europäischen Union. Da kommt den Kommunen immer die Rolle zu auf der untersten Ebene angesiedelt zu sein. Das soll aber nicht missverstanden werden, dass diese unterste Ebene despektierlich behandelt wird. Die Kommunen sind eine wichtige, eine zentrale Ebene der Volkspolitik. Hier lernen die Bürgerinnen und Bürger Politik kennen. Die kommunalen Behörden greifen in das Alltagsleben der Bürger ein. Ob es jetzt um die Registrierung bei der Geburt geht, oder die Einschulung oder die Heirat. Da haben die Bürger Kontakt zur Politik, zur Demokratie.

Am Sonntag hatten wir eine Wahlbeteiligung von knapp 47 Prozent. Warum kommt dieses Thema  also so wenig bei der Bevölkerung an?

Bergem: Wir hatten ja einen kleinen Anstieg (im Vergleich zur letzten Kommunalwahl – Anm. der Red.). Die Bürger nehmen Politik so wahr, dass die Angelegenheiten auf Bundesebene wichtiger seien. Das mag in vielen Bereichen so sein. Europäische Entscheidungen werden als eher unwichtig eingestuft, obwohl sie eigentlich wichtiger sind, als sie wahrgenommen werden. Landesentscheidungen sind so dazwischen und die Entscheidungen auf der Kommunalebene werden von vielen Bürgern als wenig bedeutsam wahrgenommen, obwohl sie eigentlich ihrer Lebenswelt am nächsten sind.

Ist unsere Verfassung und unser Regelwerk des Föderalismus noch zeitgemäß?

Bergem: Es wurde ja angepasst und reformiert. Was sich geändert hat und was sich weiter ändern wird, ist die Zunahme an Bürgerbeteiligung.  Seit der Reform in den 1990er Jahren haben wir Elemente wie Bürgerentscheide, Bürgerbegehren und Einwohneranträge in die Kommunalverfassung des Landes NRW integriert. In die Richtung wird es wohl weitergehen.

Was ist denn vorstellbar, was man den Bürgern zur Wahl stellen kann?  Über welche Themen sollen die Bürger entscheiden? War die Seilbahn ein gutes Thema für eine Befragung der Bürger?

Bergem: Die Seilbahnfrage ist ein heißes Eisen in Wuppertal. gewesen und vielleicht auch heute noch. Man hätte es vielleicht anders machen können. Man hätte ein Bürgerbeteiligungsverfahren nach dem Modell „Planungszelle“ entwickelt, das ein Gutachten vorlegt, dass dann der Stadtrat entschieden kann und dann gegebenenfalls mit einer Empfehlung in einen Bürgerentscheid geht. Dann ist die Entscheidung nicht so ganz offen, wie es in dem Fall war, dass der Stadtrat sich enthalten hat , weil er neutral sein wollte und damit die Entscheidung der Bürgerschaft ganz offen überlassen hat. Red

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