Kriminalität Sechs Jahre Haft für Entführung

Wuppertal · Opfer (26) war während des Prozesses erneut verschleppt worden, sagte jetzt aber vor Gericht aus.

 Der Prozess hatte zusätzliche Schlagzeilen gemacht, weil das Opfer während des Verfahrens ein weiteres Mal entführt worden war.

Der Prozess hatte zusätzliche Schlagzeilen gemacht, weil das Opfer während des Verfahrens ein weiteres Mal entführt worden war.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Zu sechs Jahren Haft hat das Landgericht am Freitag den 40-Jährigen verurteilt, der 2015 an der Entführung eines Wuppertalers (26) im Zusammenhang mit Drogengeschäften beteiligt war. Der Prozess hatte zusätzliche Schlagzeilen gemacht, weil das Opfer während des laufenden Verfahrens ein weiteres Mal entführt wurde und deshalb zunächst keine Aussage machen konnte. Am letzten Prozesstag schilderte er zumindest, welche Folgen die Tat von 2015 für ihn hatte.

„Ich habe Todesangst gehabt“, sagte er. „Ich wusste nicht, was passiert.“ Die Männer hätten gedroht, ihn zu töten. „Die Waffe war 100-prozentig echt.“ Noch ein bis zwei Monate danach habe er Angst gehabt, allein nach Hause zu gehen: „Es konnte ja sein, dass sie wieder da stehen.“

An dem großen schlanken Mann waren zwar keine äußerlichen Verletzungen zu sehen, er sah aber sehr mitgenommen aus. Schwellungen unter den Augen zeugten von den Verletzungen der aktuellen Entführung. Nach Angaben seines Anwalts, der ihn zum Gericht begleitete, hat er drei Knochenbrüche im Gesicht, die möglicherweise operiert werden müssen. Die Ermittlungen zu der Tat dauern noch an.

Verletzungen hatte er bei der Entführung 2015 nicht davongetragen. Damals hatten ihn der Angeklagte und ein Mittäter vor seinem Haus abgefangen, mit einer Pistole bedroht, die er für echt hielt, und ihn ein Auto gezwungen mit den Worten „Steig ein, oder ich ballere dich weg“. Die Männer fesselten ihn mit Kabelbinder an Händen und Füßen, fuhren ihn in die Niederlande, wo er eigentlich auf einem Campingplatz versteckt werden sollte. Dem Besitzer wurde das zu heiß, deshalb ging die Fahrt zurück nach Deutschland.

Der Angeklagte war erst
nach Polen geflohen

Hintergrund der Entführung war ein Streit über Geldverluste beim Betrieb einer Cannabis-Plantage in Mönchengladbach. Ersatz für diese Verluste forderten der Angeklagte und sein Mittäter von einem weiteren Beteiligten zurück – und entführten dessen Bruder. 70 000 Euro wollten sie haben. Der Erpresste übergab ihnen einen Tag nach der Entführung seines Bruders 25 000 Euro. Daraufhin ließen sie den 26-Jährigen frei.

Der Angeklagte war danach nach Polen geflohen, erst Ende 2018 dort festgenommen worden. Am Freitag, 10. Mai, sollte der 26-Jährige vor Gericht aussagen. Doch in der Nacht davor war er offenbar überfallen und entführt worden. Erst am Samstagabend tauchte er schwer verletzt in einer Klinik auf und ließ sich behandeln.

Der Angeklagte legte am 10. Mai ein Geständnis ab – deshalb musste das Opfer die Entführung nicht mehr schildern. Der Angeklagte hinterlegte zudem 10 000 Euro als Schmerzensgeld und einen Entschuldigungsbrief. Beides konnte sein Anwalt jetzt übergeben. Das Geld nahm der 26-Jährige an, die Entschuldigung nicht.

Das Gericht ist mit seinem Urteil noch über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus gegangen, die fünfeinhalb Jahre gefordert hatte. Die Richter ordneten, anders als es die Staatsanwaltschaft für richtig hielt, die Einweisung des 40-Jährigen in eine Entziehungsklinik an. Dafür hatte sich sein Verteidiger sehr eingesetzt. Der Angeklagte hat seit seinem 14. Lebensjahr immer wieder Drogen konsumiert, hauptsächlich Cannabis, aber auch härtere Drogen. Vor einer möglichen Therapie muss er ein Jahr ins Gefängnis.

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