Terrorverdacht: Wuppertaler im afghanischen US-Gefängnis

Der deutsche Frührentner Gholam Z. (41) wurde festgenommen, als er in einem Supermarkt bei Kabul einen Rasierer kaufen wollte. Seit drei Monaten sitzt er nun schon im US-Kerker. Außenminister Steinmeier fordert die Freilassung.

Wuppertal. Er wollte wohl nur seine Familie in Kabul besuchen, doch nun sitzt der 41-jährige Gholam Ghaus Z. aus Wuppertal in Afghanistan im Gefängnis der US-Armee - unter menschenunwürdigen Bedingungen, wie es heißt. Erst jetzt wurde bekannt, dass der Mann am
4. Januar vom Militär festgenommen wurde, als er in einem Supermarkt auf dem US-Stützpunkt Bagram bei Kabul nach westlichen Standards einkaufen wollte. Ein Rasierer soll unter anderem auf der Einkaufsliste gestanden haben, berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Ohne Probleme sei der afghanisch-stämmige Deutsche mit seinem roten Reisepass mit Bundesadler auf das hochgesicherte Militärgelände gelangt. Nicht einmal, dass er ein Auto mit afghanistanischem Kennzeichen vorfuhr, dass er sich von einem Verwandten geliehen hatte, störte die Soldaten.

Im Supermarkt aber wendete sich das Blatt: Nach Information der Deutschen Presse-Agentur (dpa) soll der unverheiratete Deutsche aufgefallen sein. Wodurch genau, ist noch nicht bekannt. Seltsames Verhalten, heißt es lapidar, für das Militär habe es den Anschein gehabt, als habe sich Gholam Z. unter eine Besuchergruppe gemischt. Ein Terrorist womöglich, die Soldaten nahmen ihn mit. Bei der Durchsuchung fanden sie Bargeld verschiedener Währungen sowie Telefonkarten aus mehreren Ländern. Auch ein Prospekt von der Londoner Tower Bridge soll er bei sich gehabt haben. Dem "Spiegel" zufolge hielten die Amerikaner die Brücke in Großbritannien für ein mögliches Anschlagsziel. Dass Gholam Z. angab, zuvor in London Verwandte besucht zu haben, glaubten sie ihm nicht. Bei der Vernehmung soll sich der Mann aus Wuppertal zudem in Widersprüche verstrickt haben. Das auffällige Verhalten des Wuppertalers könnte jedoch die Folge psychischer Probleme sein, weshalb er in Wuppertal bereits in Frührente geschickt worden war, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Deutscher Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst haben den Wuppertaler inzwischen überprüft und als "harmlos" eingestuft. Vermutlich sitze er unschuldig hinter Gittern. Er soll einfach "am falschen Platz zur falschen Zeit" gewesen sein. Wie die Nachrichtenagentur mitteilt, habe er auch bei einem Besuch des Botschafters einen verwirrten Eindruck gemacht.

Während sich Behörden in Wuppertal am Wochenende nicht zu dem Fall äußerten, hat sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier in laufende Bemühungen um die Freilassung des Wuppertalers eingeschaltet. Er soll mit US-Außeministerin Condoleeza Rice über den Fall gesprochen und die Freilassung des 41-Jährigen gefordert haben. Wie es heißt, hat Rice eine umfassende Sicherheitsgarantie der Bundesregierung gefordert - wie ein Sicherheitsexperte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte, soll das eine praktisch nicht erfüllbare Bedingung sein.

Dennoch hieß es aus Berlin, die Freilassung sei nur noch eine Frage der Zeit. Minister Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel befürchten im Jahr vor der Bundestagswahl 2009, dass sich der Fall um den inhaftierten Wuppertal zu einem zweiten "Fall Kurnaz" ausweiten könnte.

Der Bremer Türke Murat Kurnaz war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in Pakistan festgenommen worden und hatte viereinhalb Jahre in US-Lagern in Afghanistan zugebracht. Der damaligen rot-grünen Bundesregierung wurde damals in zwei Untersuchungsausschüssen vorgeworfen, die Freilassung aus Sicherheitsbedenken boykottiert zu haben.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Hans-Christian Ströbele hat in Berlin inzwischen einen "sofortigen und umfassenden Bericht über die Umstände der Festnahme, die Intensität deutscher Behörden um seine Freilassung und die Mitwirkung der Geheimdienste" verlangt.

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