Studenten schreiben schwermütig

Der Germanist Stefan Neumann gibt mit Studierenden das Literaturmagazin „Neolith“ heraus.

Studenten schreiben schwermütig
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. „Wenn der Deutsche Literatur macht, kommt meist ein schwermütiger Ton hinein“, sagt der Germanist Stefan Neumann. Daran haben sich auch die Studierenden gehalten, die gerade mit dem 51-jährigen Literaturdidaktiker die erste Ausgabe von „Neolith“ herausgegeben haben, ein Magazin für neue Literatur an der Bergischen Universität. „Fallhöhen“ ist sie betitelt, Einsamkeit und Liebesweh sind große Themen auf den 100 Seiten. Axel Baum arbeitet sich an Fußballerfrisuren der 70er Jahre ab: „Befällt mich die Frisur wie eine schreckliche Krankheit?“.

Jan-Eric Friedrich trägt die bissige Legende vom fröhlich naiven Schwein bei, das in jeder grausamen Situation nur Positives erkennen kann. Mittendrin ist Marc Müllers freundliche Kindergeschichte um Max und seinen Hütehai mit den passenden Illustrationen platziert, ansonsten geht es um Depression und schweren Suff, liebloses Eltern-Allerlei und ein Bruderdrama.

In Neumanns Germanistik-Seminar über kreatives Schreiben in der Schule hat vor drei Jahren alles angefangen. Wohl gab es schon 2012 ein Vorläufer-Magazin namens „Leonid“, doch wenn die Mitwirkenden das Studium beendet haben, schläft solch ein Projekt eben leicht ein. Mit frischen Elan ist die aktuelle Neuner-Truppe am Werk, die sich nach dem Seminar selbst literarisch ausprobieren wollte. Erst lasen sich die Studierenden die Ergebnisse nur gegenseitig vor, dann wollten manche auch eine kritische Analyse. „Das konnte aber nicht jeder vertragen, einige Leute sind deshalb abgesprungen“, so Neumann. Er schreibt und veröffentlicht selbst auch, möchte die Projekte aber auseinanderhalten: „Hier bin ich ausschließlich als Literaturdidaktiker beteiligt.“

Der Name „Neolith“ erinnert zum einen an den verblichenen Vorgänger „Leonid“ und spielt zum anderen auf die Jungsteinzeit (Neolithikum) um 5000 v. Chr. an: „Damals sind die Menschen sesshaft geworden — eine Voraussetzung fürs Lesen und Schreiben.“

Das Magazin ist im Schnitt gut lesbar. „Aber die Texte haben unterschiedliche Ansätze und sind unterschiedlich professionell“, gibt Neumann unumwunden zu. Schließlich hat sich die vierköpfige Redaktion geschickt mit Texten etablierter Wuppertaler Autoren verstärkt: Gedichte von Marina Jenkner, Wolf Christian von Wedel Parlow und Matthias Rürup. Falk Andreas Funke berichtet aus der Werkstatt zwischen Himmel und Hölle. Hank Zerbolesch lässt an Charles Bukowski denken. Bei Martin Hagemeyer bekommt die Realität eine surreale Dimension. „Aus der Redaktion haben wir natürlich auch Lektoratsvorschläge gemacht. Bei den Profis war das am problemlosesten, andere wollten davon nichts wissen“, sagt der Germanist. Auch das Korrekturlesen war Aufgabe der Studierenden: „Da ist einiges schief gegangen. Aber es gehört zum Lernprozess, dass man damit leben muss, wenn Rechtschreib- und Kommafehler in der Öffentlichkeit sind.“

„Neolith“ erfülle zwar (noch) nicht den Standard einer professionellen Literaturzeitschrift, sagt Neumann, diene aber keinesfalls nur der Selbstbespiegelung. Denn das Projekt knüpfe nicht nur an die frühere klassische, sprich breiter gefächerte, Unibildung an, sondern könne auch Brücken zu anderen Berufen bauen. Neumann: „Ich bin schon ein wenig stolz darauf, dass diejenigen, die an ,Leonid’ mitgearbeitet haben, alle eine Stelle in Verlagen oder Redaktionen gefunden haben.“

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