Begrabt mein Herz in Wuppertal Sommerferien mit Nervenkitzel

Beschäftigung zu finden, fällt Kolumnist Uwe Becker nicht schwer.

Begrabt mein Herz in Wuppertal: Sommerferien mit Nervenkitzel
Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. In den Schulferien haben viele Mütter und Väter ihre Kinder jetzt ganztägig zur freien Verfügung. Da auch viele Kindertagesstätten zumeist in den ersten drei Wochen geschlossen bleiben, klagen berufstätige Eltern zu Recht über ein Betreuungsdefizit. Hier kommen dann oft Opa und Oma ins Spiel, wenn das Geld für eine Tagesmutter nicht ausreicht. Familien mit soliden oder überdurchschnittlichen Einkommen können mit ihrem Nachwuchs natürlich ans Meer oder in die Berge fahren. Die Kinder spielen mit Eimer, Schippe und Förmchen im Sand oder kraxeln die Zugspitze hoch, man selber liegt schön in der Sonne und wirft ab und zu ein Auge auf die Kleinen.

Eltern, die über bescheidene finanzielle Mittel verfügen, müssen sich da schon mehr einfallen lassen, verbringen sie doch nicht selten zusammen mit den Kindern ihren Urlaub komplett in Wuppertal. Vergnügungspark, Freibad, Zoo und Wanderungen im Bergischen Land sind hier die angesagtesten Freizeitaktivitäten. Wenn die Sonne lacht, kann es selbstverständlich auch in unseren Breiten sehr schön sein.

Ich erinnere mich allerdings an einen sehr verregneten Sommer in Elberfeld. Mein Sohn und ich hatten schon ein gerüttelt Maß der verschiedensten Beschäftigungen zum Kampf gegen die Langweile durchgespielt: Zoo-Besuch, Fernsehen, Kartenspiele, Brettspiele, Lesen und Kino. Gerne verbrachten wir auch ganze Tage in Willi Müllers Spielwarenhandlung oder bei Toys „R“ Us.

Um den Level unseres Amüsements hoch zu halten, begannen wir, neue Spiele zu kreieren. Einmal spielten wir Mikado mit einer Packung Spaghetti, die wir anschließend kochten und mit einer köstlichen Tomatensoße verspeisten. Die roten Gemüsekugeln dienten uns vorher beim Boule-Spiel auf dem Teppich. So vereinten wir Spiel, Spaß und Freude mit dem wichtigen Mittagsmahl.

Aber auch für den Outdoor-Bereich entwickelten wir hochamüsante Freizeitvergnügen. Nach dem Einkauf im Supermarkt, nahmen wir den Einkaufswagen einfach mit nach Hause, damit wir unsere Lebensmittel nicht schleppen mussten. Wir trugen dann alles in die Wohnung und brachten den leeren Wagen wieder zurück. Unterwegs erzählte ich meinem Sohn, dass es eigentlich verboten ist, mit dem Einkaufswagen auf dem Bürgersteig zu fahren. Mein Sohn fand das natürlich aufregend, und prompt hielt neben uns ein Polizist mit Motorrad, der uns dann genau darauf aufmerksam machte.

Aber wenn man leicht kriminell ist, darf man natürlich nicht dumm sein, und daher erzählte ich dem Polizisten, dass der leere Einkaufswagen vor unserer Haustüre stand und wir ihn wieder zum Supermarkt bringen, damit er nicht auf die Straße rollt. Der Polizist sagte dann, „Das ist sehr gut. Schönen Tag noch!“ Mein Sohn war mächtig stolz auf mich und meine perfekte Aussage, die uns ein Bußgeld ersparte.

Euphorisiert durch diesen mega Erfolg, machten wir am folgenden Tag etwas ganz Verrücktes: Wir entnahmen der neu gekauften Sandwich-Packung alle Scheiben und toasteten sie ganz leicht an, danach legten wir sie sorgfältig zurück in die Tüte und brachten sie dem Filialleiter. Wir bekamen dann anstandslos ein neues Toastbrot. Der Supermarkt-Chef schüttelte immer wieder seinen Kopf und meinte: „Ich bin mal gespannt, was der Großhändler dazu sagt, unglaublich!“ Am nächsten Tag gingen wir dann mal wieder ganz unspektakulär in den Zoologischen Garten. Kein Nervenkitzel - aber auch schön.

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