Schüsse in der Bar Bumer: Opfer ohne Angst im Zeugenstand

Aus dem bewegten Leben eines Russen.

Wuppertal. Totschlag oder versuchter Mord? Gezielter Schuss oder Versehen? Harmlose Frage oder Hänselei wegen eines Sprachfehlers? Im Prozess um die Schüsse in der Bar Bumer am Steinweg sind viele Fragen offen. Wie berichtet, muss sich ein 30-jähriger Deutsch-Kasache vor dem Landgericht verantworten, weil er im Juli 2010 mehrere Schüsse auf Gäste der Bar abgab. Am Freitag sagte das russische Opfer als Zeuge aus. Er hatte einen Bauchschuss erlitten.

In dieser Woche hatte der Angeklagte ausgesagt, dass es im Vorfeld der Schüsse zu einer handfesten Auseinandersetzung gekommen sei. Er sei wegen seines Stotterns beleidigt und vor der Kneipe ins Gesicht geschlagen worden. Vielleicht nur ein Missverständnis: Der russische Zeuge sagte am Freitag aus, er habe den 30-Jährigen nur nach seiner Nationalität gefragt, weil er mit komischem Akzent geredet habe. Der Sprachfehler des Angeklagten sei ihm nicht aufgefallen.

Das hatte der Angeklagte wohl missverstanden: Als Reaktion auf die vermeintliche Hänselei drohte er dem späteren Opfer. Daraufhin habe der Zeuge den Angeklagten aus der Bar begleitet, sei vielleicht auch etwas grob gewesen. Geschlagen habe er den 30-Jährigen aber nicht.

Wie berichtet, hatte der Angeklagte daraufhin einen Revolver geholt und zunächst drei Schüsse durchs Fenster abgegeben. Danach ging er in die Bar und feuerte zwei weitere Schüsse ab. Das spätere Opfer zeigte sich davon unbeeindruckt: Er habe hinter einer Säule Schutz gesucht und den Angeklagten mit einem Barhocker und einem Feuerlöscher beworfen, bevor er auf ihn zugerannt sei. Auch den Zuruf eines Freundes, der Angeklagte habe noch einen Schuss im Revolver, hielt ihn davon nicht ab.

Warum der Zeuge so furchtlos reagierte, während sich die anderen Gäste der Bar in Panik zu Boden warfen, wurde am Freitag klar. Er habe zwei Jahre für die russische Armee in Afghanistan gekämpft. Außerdem war er Gast eines Restaurants in Russland, das in den 1990er-Jahren überfallen wurde. Damals seien Menschen erschossen worden, die sich auf den Boden gelegt hätten, sagte der Russe.

Daran, wie es zu seiner Schussverletzung kam, konnte er sich am Freitag nicht erinnern. Er sei aber sicher, dass die Kugel ihn in den Bauch getroffen habe und seitlich am Rücken wieder ausgetreten sei. Nach den Ermittlungsakten stellt sich der Schuss anders dar: Schmauchspuren an der Rückseite des T-Shirts des Opfers deuten auf einen Schuss in den Rücken hin. Der Kneipenbesuch am Steinweg endete für ihn mit einer lebensrettenden Not-OP an Darm und Niere.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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