Satirischer Jahresrückblick Jürgen H. Scheugenpflug und Co. mit bewährte Zutaten auf „Talfahrt“

Wuppertal · Als wäre der Feueralarm mit dem Schwanzlurch verwandt: Beim Premierenabend der „Talfahrt“ löste (offenbar grundlos) wiederholt der Warnton im Bürgerbahnhof aus - und begleitete den satirischen Jahresrückblick fast wie ein ungeplanter Running Gag. Geplante wie das arg bedrohte Kriechtier machten diesen auch 2021 wieder zu einer runden Sache.

 Die Kabarettisten Jürgen Scheugenpflug (r.) und Jens Neutag mit Pianist Ulrich Rasch beim satirischen Jahresrückblick 2021.

Die Kabarettisten Jürgen Scheugenpflug (r.) und Jens Neutag mit Pianist Ulrich Rasch beim satirischen Jahresrückblick 2021.

Foto: WZ/Michael Mutzberg

Die Kabarettisten Jürgen Scheugenpflug und Jens Neutag mit Pianist Ulrich Rasch waren überdies an den hier ersten kompletten „2G Plus“-Abend geraten, was für alle Zuschauer (für viele überraschend) hieß, sich vorab improvisiert an Stehtischen mit Schnelltest-Stäbchen zu mühen. Ein Glück, dass das versierte Trio sich wieder aus allem einen Spaß machte, auch aus all den Pandemieregeln mit ihren Umständen und Umständlichkeiten: Nach diesem Start wirkte das noch ein gutes Stück erfrischender.

Die Elefanten im Zoo machen täglich einen Schnelltest

Die beliebte Reihe setzt alljährlich auf bewährte Zutaten, die auch diesmal funktionierten und für Vergnügen sorgten. Mit Start im Januar ging es durchs Jahr. Diesmal viel mit Tieren: Außer dem Lurch ließ sich auch im Grunde trauriges wie dem verstorbenen Bonobo Witz abgewinnen, den Zoo-Elefanten („machen täglich einen Schnelltest“) sowieso. Und überhaupt: „Der Zoo blieb im Lockdown geöffnet, weil die Lamas wegen Corona nicht spucken durften.“

Das Erfolgsformat bietet Spaß zum lokalen Geschehen, wie man ihn überregional etwa von der „Heute-Show“ kennt. Mit Rollenverteilungen wie Neutag als smartem Anchorman und Scheugenpflug, der mehr fürs Trockene steht. Rasch bringt am Klavier verlässlich die Begleitung, hatte heute ein schmissiges Glanzstück beim „Schwammstadt-Wuppertal-Blues“ . Hinzu kommt, wie im TV, die Begleitung am Bildschirm, samt witziger Manipulation. Da wanderte schon mal das Konterfei von Dezernent Frank Meyer auf den Tuffi-Störstein in der Wupper.

Und getreu dem Prinzip Running Gag schießt solch ein Programm sich auch gern auf Spottobjekte ein, auf Stadtpersonen also, die irgendwann ihr Etikett bekommen und so immer neu auftauchen. Der Landtagsabgeordnete Rainer Spiecker kam so zur zweifelhaften Ehre, ständig als Einfaltspinsel dazustehen - am Ende trug gar der Bonobo sein Gesicht. Ziemlich gemein wurde auch OB Uwe Schneidewind zur Zielscheibe: Das ihm nachgesagte Image des Weltfremden wurde genüsslich aufgegriffen, und mit Versatzstücken wie „Digitale Herausforderungen!“ und einem blass gegrinsten „Ganz spannend!“ erwies sich Neutag auch als begabter Parodist.

Musikalisch wieder zu finden gab es passende Variationen auf Chart-Hits: „Ist da jemand?“ von Adel Tawil wurde hier zur bangen Frage von CDU-Mann Jürgen Hardt, der sein Bundestagsmandat nur nach Neuberechnung der Ausgleichsmandate retten konnte: „Ist da jemand, der mich jetzt noch braucht?“

Schön wiederum, Offizielle manchmal einfach reden zu lassen, ganz ohne Zutun: Die als Posse ins Jahr eingegangene Episode vom Zaun an der Nordbahntrasse gehörte dazu, als Anwohner per Amtseingriff von ihr abgeschnitten wurden, samt Bürokratendeutsch: „Das haben wir verunmöglicht.“ Da auch 2021 wieder einiges von Bremsen und Verhindern zu vermerken war, ließ auch dieser Einspieler sich als Vergnügen immer wieder einfügen. Bis zu „Scheuges“ Fazit zwischen Augenzwinkern und Resignation als finaler Mark-Forster-Wiedergänger: „Egal, es wird schlimm, sowieso.“

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